Rz. 1

Hauptquelle des portugiesischen Familienrechts und somit auch des heutigen Ehe- und Ehescheidungsrechts ist der Código Civil (Zivilgesetzbuch) von 1966 i.d.F. der Reform vom 25.11.1977 (mit späteren Änderungen). Maßgebliche Änderungen gehen auf den staatlichen Umsturz von 1974 zurück wie auch auf die daraufhin erlassene neue demokratische Verfassung von 1976. So wurde u.a. bereits 1975 die Scheidung auch von katholischen Ehen zugelassen. Ab 1.4.1978 gilt das – orientiert an den Grundaussagen der Verfassung, hier vor allem am Gleichheitsgrundsatz – grundlegend umgestaltete Zivilgesetzbuch, zusammen mit dem zeitgleich in Kraft getretenen neuen Gesetz über das Personenstandsregister.[1] In dem letzten Jahrzehnt indes hat das portugiesische Familienrecht verschiedene, teils grundlegende Änderungen erfahren. So ist nach der Reform des Scheidungsrechts 2008 (siehe Rdn 58 f.) im Jahre 2010 eine weitere wesentliche Änderung in Kraft getreten: Bis dahin war als wesentliche Voraussetzung der Ehe gefordert, dass die Eheleute verschiedenen Geschlechts sein mussten. Zum 2.6.2010 wurde dies aufgehoben (vgl. Art. 1577 CC n.F.: die Worte "verschiedenen Geschlechts" wurden schlicht gestrichen); folglich sind seitdem hetero- wie homosexuelle Ehen gleichgestellt.[2] Im Weiteren wurde 2015 das Adoptionsrecht durch das Gesetz Nr. 143/2015 vom 8.9.2015[3] grundlegend reformiert und damit das Zivilgesetzbuch entsprechend geändert; die Neuerungen sind am 7.12.2015 in Kraft getreten. Mit dem Gesetz Nr. 143/2015 einher ging die Schaffung eines neuen Gesetzes über das Rechtsregime des Adoptionsverfahrens (Regime jurídico do Proceso de Adopção – RJPA). Zugelassen ist inzwischen auch die Adoption durch gleichgeschlechtliche Ehegatten.[4] Schon hier sei hervorgehoben, dass das System des Registers ein ganz wesentlicher Angelpunkt des portugiesischen Eherechts ist.[5] Im Hinblick auf den räumlichen Geltungsbereich des portugiesischen bürgerlichen Rechts und des Familienrechts im Besonderen ist bedeutsam, dass in den ehemaligen portugiesischen Überseeprovinzen das portugiesische Recht mit deren Unabhängigkeit bzw. deren Eingliederung in andere Staaten (wie zuletzt Macau im Verhältnis zur Volksrepublik China) das damals dort geltende Recht zumindest nicht mehr als portugiesisches Recht weiter gilt, soweit es dort nicht zuvor bereits durch neuere Gesetze abgelöst wurde.

 

Rz. 2

Die Sachnormen des portugiesischen Eherechts finden sich im 4. Buch des Código Civil (Familienrecht). Auch der portugiesische Código Civil enthält in den Vorschriften über die Ehe mit den Art. 1591–1595 CC Regelungen über das Eheversprechen (Promesa de Casamento – Verlöbnis). Der Verlöbnisvertrag gewährt indes weder ein Recht, die Eheschließung zu verlangen, noch das zu fordern, was für den Fall ihrer Nichteingehung vereinbart worden ist (Art. 1591 CC). Allerdings kann auf Entschädigung geklagt werden – für die in Ansehung der Ehe gemachten Aufwendungen und eingegangenen Verpflichtungen, wenn einer der Verlobten das Versprechen ohne gerechten Grund bricht oder durch eigenes Verschulden dem anderen Anlass zur Rücknahme gibt. Gleiches gilt, wenn die Ehe aufgrund der Eheunfähigkeit eines der Ehewilligen nicht geschlossen werden kann (Art. 1594 Abs. 1 bzw. 2 CC). Zudem sind besondere Rückerstattungsansprüche in den Fällen von Eheunfähigkeit und Rücknahme des Eheversprechens sowie im Todesfall vorgesehen (Art. 1592 bzw. Art. 1593 CC). Besonders geregelt ist insoweit etwa das Recht, den Briefwechsel und die persönlichen Bildnisse des Verstorbenen zu behalten und das, was dieser erhalten hat, zurückzufordern (Art. 1593 Abs. 2 CC). Die vorgenannten Entschädigungs- bzw. Erstattungsansprüche müssen innerhalb eines Jahres seit dem Bruch des Verlöbnisses oder dem Tod des (anderen) Versprechenden geltend gemacht werden (Art. 1595 CC).

 

Rz. 3

Das portugiesische Recht kennt – wie das spanische – neben der Zivilehe die in religiöser Form geschlossene Ehe (Art. 1587 Abs. 1 CC), d.h. seit jeher die katholische Ehe (nach kanonischem Recht) und seit 2001 auch die nach einer anderen anerkannten Religion vorgenommene Eheschließung. Für Nichtkatholiken steht nur die Ehe in zivilrechtlicher Form offen. In der Gesetzessystematik sowohl des Código Civil als auch des Zivilregistergesetzes wird dabei stets zunächst die katholische, erst darauf die zivile Eheschließung behandelt. Seit der Gesetzesverordnung Nr. 324/2007 ist die zivile Eheschließung in religiöser Form neu eingeführt worden zur Gewährleistung der Religionsfreiheit; dem Rechtscharakter nach handelt es sich dabei gleichwohl um eine Ehe nach Maßgabe des Zivilrechts.[6]

 

Rz. 4

Beide Formen – die katholische wie auch die zivile (damit auch die in religiöser Form geschlossene) Ehe – stehen gleichberechtigt nebeneinander. Nach Art. 1588 CC unterliegt die katholische Ehe hinsichtlich ihrer zivilrechtlichen Wirkungen grundsätzlich den allgemeinen Bestimmungen des Código Civil. Eigens vorgesehen ist für Portugiesen zudem die Möglichkeit, auß...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge