Rz. 107

Grundsätzlich besteht die Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt ohne zeitliche Einschränkung.[97] Davon besteht jedoch eine Ausnahme: Der einfache Unterhaltsanspruch gegen den Ehegatten, der nicht für alleinschuldig an der Zerrüttung der Ehe befunden wurde, erlischt nach Ablauf von fünf Jahren nach Rechtskraft des Scheidungsurteils (Art. 60 § 3 S. 2 FVGB). Das Gericht kann unter Berücksichtigung außerordentlicher Umstände die Frist – auf bestimmte oder unbestimmte Zeit – verlängern. Die außerordentlichen Umstände können sowohl in der Person des Berechtigten als auch in der Person des Verpflichteten begründet sein.[98] Solche Umstände müssen innerhalb von fünf Jahren ab Scheidung entstehen; den Anspruch auf Verlängerung kann man auch nach Ablauf dieser Frist geltend machen.[99] Eine Verlängerung über die fünf Jahre hinaus ist auch durch Vertrag zulässig.[100] Der Unterhaltsanspruch erlischt, sobald der Berechtigte eine neue Ehe eingeht (Art. 60 § 3 S. 1 FVGB). Wird die neue Ehe geschieden, so lebt der Unterhaltsanspruch aus der ersten Ehe nicht wieder auf. Mit dem Tod des Berechtigten oder Verpflichteten erlischt ebenfalls die Unterhaltspflicht.

[97] Mączyński, Scheidung und nachehelicher Unterhalt im polnischen Recht, S. 247, 261.
[98] So der Beschluss des OG vom 16.4.1974, III CZP 22/75. Als außerordentlicher Umstand kann auch eine krankheitsbedingte Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten in Betracht kommen. Dies gilt nicht, wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war; OLG Hamm FamRZ 2000, 29–31. Als außerordentlicher Umstand im vorgenannten Sinne kommt nach OLG Hamm ein Scheidungsverschulden des Verpflichteten, das nicht im Tenor des Scheidungsurteils festgehalten ist, nicht in Betracht. Im Unterhaltsprozess findet deshalb keine Prüfung und Verwertung des Scheidungsverschuldens statt; OLG Hamm FamRZ 2000, 29–31. Nach Auffassung des OG kann jedoch über das Verschulden ausnahmsweise im Unterhaltsprozess entschieden werden, wenn darüber im Tenor einer ausländischen Entscheidung nicht entschieden wurde; Beschluss des OG vom 23.3.2016, III CZP 112/15.
[99] Beschluss des OG vom 28.1.1999, III CKN 1041/98. Es reicht jedoch aus, dass die Bedürftigkeit, das die verlängerte Unterhaltspflicht konkretisiert, beim Abschluss der Verhandlung im Unterhaltsprozess vorliegt; Urteil des OG vom 28.10.1999, II CKN 361/99.
[100] Beschluss des OG vom 24.11.1981, III CRN 239/81.

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