Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Aufhebung der Bestellung und der Verteidigerwechsel sind in § 143 bzw. § 143a geregelt.
2. Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn ein Fall notwendiger Verteidigung nicht mehr vorliegt.
3. Die Bestellung ist aufzuheben, wenn der Beschuldigte einen anderen Verteidiger gewählt und dieser die Wahl angenommen hat und die Aufrechterhaltung der Bestellung nicht aus den Gründen des § 144 erforderlich ist.
4. Dient die Benennung eines Wahlverteidigers lediglich dem Zweck, den bisherigen Pflichtverteidiger aus dem Mandat zu verdrängen, kommt eine Entpflichtung nicht in Betracht.
5. Der Beschuldigte kann innerhalb von drei Wochen die Bestellung eines anderen Pflichtverteidigers beantragen, wenn ihm zuvor ein nicht von ihm benannter Verteidiger beigeordnet wurde oder ihm nur eine kurze Frist zur Benennung eines Verteidigers gewährt werden konnte.
6. Ein neuer Pflichtverteidiger zu bestellen ist auch, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem bisherigen Verteidiger und dem Beschuldigten endgültig zerstört ist oder aus einem sonstigen wichtigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist.
7. Für die Revisionsinstanz kann der Beschuldigte nach § 143a Abs. 3 StPO binnen einer Woche nach Beginn der Revisionsbegründungsfrist die Aufhebung der Bestellung des bisherigen und die Beiordnung eines neuen, von ihm bezeichneten Pflichtverteidigers beantragen.
8. Nicht gesetzlich geregelt, aber weiterhin zulässig ist die einvernehmliche "Umbeiordnung", wenn der Beschuldigte sowie der bisherige und der neue Pflichtverteidiger mit dem Verteidigerwechsel jeweils einverstanden sind und hiermit weder eine Verzögerung des Verfahrens noch Mehrkosten für die Staatskasse verbunden sind.
9. Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Entpflichtung des Pflichtverteidigers und das einzuhaltende Verfahren gelten die Ausführungen zur Auswahl und zur Bestellung entsprechend.
 

Rdn 3508

 

Literaturhinweise:

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s.a. die Hinw. bei → Pflichtverteidiger, Allgemeines, Teil P Rdn 3305, und bei → Verteidiger, Ausschluss, Allgemeines, Teil V Rdn 4808.

 

Rdn 3509

1. Seit der am 13.12.2019 in Kraft getretenen Reform des Beiordnungsrechts durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der ...

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