Das Wichtigste in Kürze:

1. Dem Beschuldigten ist ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn er einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist.
2. § 140 Abs. 1 Nr. 4 umfasst alle Arten von Haftbefehlen.
3. Ist nach vorläufiger Festnahme noch offen, ob tatsächlich der Erlass eines Haftbefehls beantragt werden wird oder ob eine Freilassung erfolgt, ist eine sofortige Verteidigerbestellung nicht zwingend vorgeschrieben. Auch darf der Beschuldigte zur Klärung der Haftfrage grds. noch ohne Verteidiger vernommen werden.
4. Für das Verfahren der Beiordnung gelten die allgemeinen Regeln. Steht kein wichtiger Grund entgegen, ist der vom Beschuldigten benannte "Anwalt des Vertrauens" beizuordnen.
5. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Pflichtverteidigerbestellung richtet sich nach § 142 Abs. 3 Nr. 2.
6. Wird der Beschuldigte nach dem Ende der Vorführung nicht inhaftiert, sondern auf freien Fuß gesetzt, soll die Bestellung aufgehoben werden.
7. Für Rechtsmittel im Zusammenhang mit der Bestellung wegen Vorführung/Inhaftierung des Beschuldigten gelten die allgemeinen Regeln.
 

Rdn 3443

 

Literaturhinweise:

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