Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen eines Antrags, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu untersagen, die Bewegung „Transzendentale Meditation” (TM) in einer Informationsbroschüre mit dem Titel „Sogenannte Jugendsekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland” zu erwähnen (unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 23.5.1989 – 7 C 2.87 –, BVerwGE 82, 76).

 

Verfahrensgang

VG Köln (Aktenzeichen 10 L 2240/93)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 06.12.2002; Aktenzeichen 1 BvR 1919/95)

 

Tatbestand

Die Antragsgegnerin plant die Herausgabe einer Broschüre mit dem Titel „Sogenannte Jugendsekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland”. Im Entwurf der Broschüre ist die Bewegung der Antragsteller erwähnt. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Antragsgegnerin zu untersagen, die Bewegung der Antragsteller in der Broschüre zu erwähnen, hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Das Untersagungsbegehren der Antragsteller zielt auf Ausführungen der Antragsgegnerin zu der Bewegung „Transzendentale Meditation” (TM) im Entwurf einer Informationsbroschüre. Das VG hat zutreffend dargelegt, daß es sich bei diesen Ausführungen im wesentlichen um dieselben Punkte handelt, die bereits Gegenstand des durch Urteil des BVerwG vom 23.5.1989 – BVerwG 7 C 2.87 – (BVerwGE 82, 76) rechtskräftig abgeschlossenen TM-Verfahrens gewesen sind. Insbesondere wenden sich die Antragsteller erneut gegen die „Etikettierung als Jugendsekte/Jugendreligion/Psychogruppe/Psychosekte”, die „Erwähnung in dem Sektenreport 93 an sich”, und die damit verbundene „Warnung” vor der TM. Die streitbefangenen Ausführungen zur TM sind der Antragsgegnerin indes bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht verwehrt.

Nach dem Urteil des BVerwG vom 23.5.1989 (a.a.O.) ist davon auszugehen,

  • daß die Bezeichnung der TM-Bewegung als „Jugendraligion” bzw. „Jugendsekte” ebenso wenig zu beanstanden ist wie die Bezeichnung als „Psychosekte” bzw. „Psychogruppe” (BVerwGE 82, 84 ff., 87);
  • daß die TM-Lehrer weder psychiatrisch noch psychologisch ausgebildet sind und die Bundesregierung deshalb zu einem entsprechenden, die bestehende Gefahrenlage zutreffend kennzeichnenden Hinweis an die Öffentlichkeit berechtigt ist (BVerwGE 82, 88 f.);
  • daß die Bundesregierung zu der Äußerung berechtigt ist, TM könne zu psychischen Schäden oder zu einer Persönlichkeitszerstörung führen (BVerwGE 82, 89, 91);
  • daß das Berufungsgericht der Klage auch nicht insoweit hätte stattgeben dürfen, als es der Bundesregierung die Äußerung untersagt hat, das Finanzgebaren der TM-Bewegung sei unseriös (BVerwGE 82, 93 f.);
  • daß das Risiko unberechtigter Assoziationen mit der der Bundesregierung erlaubten zusammenfassenden Darstellung des Wirkens zahlreicher unterschiedlicher Bewegungen unvermeidlich verbunden ist und daher mitsamt seinen Folgen in Kauf genommen werden muß (BVerwGE 82, 97).

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG durch Beschluß vom 15.8.1989 – 1 BvR 881/89 – (NJW 1989, 3269) nicht zur Entscheidung angenommen und zur Begründung ausgeführt, das angegriffene Revisionsurteil lasse weder eine Verletzung des durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten sozialen Geltungsanspruchs, noch eine Verletzung des in Art. 4 Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrechts der Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit erkennen (NJW 1989, 3269 ff.); auch eine Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sei auszuschließen (NJW 1989, 3271).

Die Antragsteller halten die genannten höchstrichterlichen Entscheidungen für „Fehlentscheidungen”; sie machen insbesondere geltend, die dem Urteil des BVerwG vom 23.5.1987 (a.a.O.) zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen seien fehlerhaft. Zur Glaubhaftmachung verweisen sie auf zahlreiche eidesstattliche Versicherungen, Zeugen, Sachverständige, Gutachten, Stellungnahmen, Aufsätze, Bücher und sonstige Dokumente. All dem läßt sich indes bei summarischer Prüfung ein Untersagungsanspruch der Antragsteller nicht entnehmen.

Dem Begehren der Antragsteller steht zwar – aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen – nicht schon der Einwand der „res judicata” entgegen. Das Vorbringen der Antragsteller rechtfertigt jedoch im Rahmen des vorliegenden, auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichteten Verfahrens keine von den genannten höchstrichterlichen Entscheidungen abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Dem steht das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht entgegen. Art. 19 Abs. 4 GG fordert zwar bei einem auf die Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung gerichteten Antrag – wie dem vorliegenden – die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, wenn andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren ...

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