Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung zum Medizinstudium außerhalb der Kapazität. Bewerbungsfrist und Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einem Studienbewerber kann in einem Eilrechtsschutzverfahren, in dem er die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten klinischen Fachsemester erstrebt, nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, er habe die Frist des § 3 Abs. 1, Abs. 12 VergabeVO SL für die Stellung eines dahingehenden Antrages bei der Universität versäumt.

2. Ein Eilrechtsschutzantrag mit dem Ziel, vorläufig zum Studium (hier: 1. klinisches Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin) zugelassen zu werden, kann bei Gericht bis zum formellen Ende des Bewerbungssemesters gestellt werden.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; VwGO § 123; VergabeVO SL § 3 Abs. 1, 12, § 14 Abs. 1; VergabeVO SL § 20; VergabeVO HE § 21; HochschulvergabeVO ND 2000 § 2 Abs. 2; HSchVV § 15; HochschulzulassungsG LSA § 12 Nr. 6; ZVS LSA § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; VergabeVO ZVS LSA § 24; ZVS BW § 3 Abs. 2; VergabeVO ZVS BW § 24

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Beschluss vom 21.09.2009; Aktenzeichen 1 L 919/09.NC)

 

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. September 2009 – 1 L 919/09.NC – wird die Antragsgegnerin verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. klinischen Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2009 zuzulassen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin studierte nach Erwerb der allgemeinen Hochschulreife zunächst vier Semester Humanmedizin an der Universität Pecs in Ungarn. Durch Bescheid des Niedersächsischen Zweckverbandes zur Approbationserteilung vom 9.7.2008 wurde ihr dieses Studium mit vier vorklinischen Semestern auf das Studium der Humanmedizin nach der Ärztlichen Approbationsordnung angerechnet. Außerdem wurden die während dieses Studiums erfolgreich abgelegten und abgeschlossenen Einzelfachprüfungen als Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung anerkannt.

Am 17.9.2009 bewarb sich die Antragstellerin unter Beifügung ihrer Hochschulzugangsberechtigung und des vorerwähnten Bescheides vom 9.7.2008 bei der Antragsgegnerin um einen Studienplatz im 1. klinischen Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin im Sommersemester 2009. Am selben Tag hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtschutz nachgesucht.

Das Verwaltungsgericht hat ihren Eilantrag durch Beschluss vom 21.9.2009 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Antragstellerin habe die gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 12 VergabeVO SL auch bei Anträgen auf Vergabe von Studienplätzen außerhalb der Kapazität einzuhaltende Bewerbungsfrist überschritten. Nach den genannten Bestimmungen seien Zulassungsanträge zum Sommersemester jeweils bis zum 15. Januar und zum Wintersemester jeweils bis zum 15. Juli bei der Antragsgegnerin einzureichen.

Gegen den ihr zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 23.9.2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 7.10.2009 Beschwerde erhoben. Sie verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter und trägt mit ihrer am 23.10.2009 bei Gericht eingegangenen Beschwerdebegründung im Wesentlichen vor, die Kapazität zum hier maßgeblichen Berechnungszeitraum sei nach gerichtlicher Feststellung noch nicht erschöpft. Ein freier Studienplatz stehe also zur Verfügung. Das Verwaltungsgericht habe die Formvorschriften im Hinblick auf die Besonderheiten des außerkapazitären Zulassungsverfahrens fehlerhaft ausgelegt. Das Erfordernis des § 3 Abs. 1 VergabeVO SL beziehe sich ursprünglich auf die Zuweisung von Studienplätzen innerhalb der Kapazität. Die Regelung des Abs. 12 dieser Bestimmung sei ohne Sinngehalt, da es sich bei Bewerbungen um Studienplätze außerhalb der Kapazität um ein Verfahren sui generis handele. Die VergabeVO SL nehme ansonsten keinen Bezug auf dieses besondere Verfahren, da es sich nur mittelbar mit den festgesetzten Zulassungszahlen befasse und eine nacheilende Kapazitätskontrolle durch die Verwaltungsgerichte erfordere. Der VergabeVO SL liege demgegenüber eine vorgreifliche Kapazitätskontrolle zugrunde. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof entscheide in ständiger Rechtsprechung, dass bei außerkapazitären Zulassungsverfahren für das erste Fachsemester eine vorherige Bewerbung bei der ZVS nicht erforderlich sei. Beide Verfahren hätten nichts miteinander zu tun. Eine aussichtslose Bewerbung dürfe keine Voraussetzung für ein Kapazitätsverfahren sein.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen und führt aus, zum Sommersemester 2009 seien auf der Grundlage des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24.8.2009 zum 1. klinischen Semester nur diejenigen Bewerber zugelassen worden, die einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt hätten. Die vom Verwaltungsgericht zusätzlich festgestellten Studienplätze seien da...

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