Verfahrensgang

VG Berlin (Beschluss vom 25.04.2001; Aktenzeichen 10 A 96.01)

 

Tenor

Der Antrag des Antragsgegners, die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. April 2001 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Antragsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 14.000 DM festgesetzt (§§ 13, 20 Abs. 3, 14 Abs. 3 GKG).

 

Gründe

Der auf § 146 Abs. 4 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg.

Die Antragsschrift zeigt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), d.h. an deren Ergebnis, nicht auf. Sie berücksichtigt nämlich nicht, dass das Verwaltungsgericht nicht etwa gleichsam abschließend entschieden hat, dass wegen der seit einiger Zeit auf dem Berliner Wohnungsmarkt eingetretenen Entspannung verbunden mit der Annahme einer insoweit mittlerweile abgeschlossenen Entwicklung das Zweckentfremdungsverbot offensichtlich entbehrlich geworden und deshalb die 2. ZwVbVO auch ohne förmliche Aufhebung von sich aus außer Kraft getreten sei. Eine solche Entscheidung könnte ohnehin nicht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, sondern nur nach eingehenderen Tatsachenermittlungen und -bewertungen im Rahmen des Hauptsacheverfahrens getroffen werden, zumal da es sich bei Veränderungen der Gesamtlage auf dem Wohnungsmarkt einer Großstadt um grundsätzlich langfristige Entwicklungen sehr komplexer Art handelt und es jedenfalls zunächst dem Verordnungsgeber obliegt, den Zeitpunkt zu bestimmen, von dem an der Wandel der Verhältnisse eine angleichende Änderung der Rechtslage geboten erscheinen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1979 – BVerwG 8 C 2.79 –, BVerwGE 59, 195, 197 f.). Bei der hier angefochtenen Entscheidung ging es nicht um die gegen den Antragsteller erlassene Wiederzuführungsanordnung als solche, vielmehr war allein zu entscheiden, ob deren vom Antragsgegner gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnete sofortige Vollziehung Bestand haben kann, was das Verwaltungsgericht zu Recht verneint hat. Dessen dafür gegebene Begründung, gegen die sich der Antragsgegner wendet, dass – entsprechend den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geltenden Maßstäben – nach summarischer Prüfung nunmehr „erhebliche Anhaltspunkte” gegen die Weitergeltung des Zweckentfremdungsverbots in Berlin bestünden, besagt deshalb mit Blick auf das Ergebnis seiner Entscheidung nicht mehr, als dass heute nicht mehr wie noch vor wenigen Jahren ohne weiteres die unverzügliche Beendigung der zweckfremden Nutzung von Wohnraum im öffentlichen Interesse geboten ist und daher die sofortige Vollziehung „nicht allein mit der allgemein gehaltenen und nicht belegten Erwägung beanstandungsfrei begründet werden konnte, es handele sich um eine Wohnung, für die aufgrund ihrer Größe, Lage und Ausstattung eine Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt bestehe” (Beschlussabdruck Seite 4). Das entspricht der Rechtsprechung des Senats, der bereits in seinem Beschluss vom 31. August 1999 – OVG 5 S 2.99 – auf die schon damals „zumindest in Teilbereichen” eingetretene merkliche Entspannung der Berliner Wohnungsmarktlage und auf die daraus für die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Wiederzuführungsanordnung (vgl. auch die Begründung zum Haushaltsgesetz 1999, Abgh.-Drs. 13/2973; ferner die Empfehlungen zur Anordnung der sofortigen Vollziehung im Rundschreiben der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr – IV D 5-6811/600 – vom 1. Juli 1998) sich ergebenden Folgerungen hingewiesen hat, und gilt aus den im angefochtenen Beschluss dargelegten Gründen (siehe auch Mietermagazin 6/01, Seite 12, wonach der zuständige Senator auf der BMV-Delegiertenversammlung 2001 erklärt hat, dass aufgrund des negativen Wanderungsverhaltens und des Sterbeüberschusses in Berlin selbst bei einer Zuwanderung von 200.000 Personen aus dem Ausland auf Dauer mit einem Leerstand von 100.000 Wohnungen zu rechnen sei) heute umso mehr, als die Auswirkungen des Umzugs von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat von Bonn nach Berlin auf den Berliner Wohnungsmarkt inzwischen weitgehend abgeschlossen sein könnten (vgl. noch Urteil des Senats vom 19. Februar 1998 – OVG 5 B 68.96 – und Beschluss des Senats vom 15. März 2001 – OVG 5 N 171.00 – [für den Zeitpunkt Januar 2000]).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass die vom Antragsgegner erhobene Abweichungsrüge (§ 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) nicht zur Zulassung der Beschwerde führen kann, so dass nicht näher darauf einzugehen ist, dass dieser Zulassungsgrund schon nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt worden ist (vgl. zur vergleichbaren Divergenzzulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – [DÖV 1998, S. 117 f.]).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

 

Unterschriften

Meinhardt, Wahle, Ehricke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI17...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge