Entscheidungsstichwort (Thema)

Medienrecht; Gegendarstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Meldung über einen Prominenten auf der Titelseite einer Wochenzeitschrift "Sterbedrama um seinen besten Freund - Hätte er ihn damals retten können?" handelt es sich um eine Äußerung mit so viel tatsächlichem Gehalt, dass dieser einer Gegendarstellung zugänglich ist.

 

Normenkette

LMG Rheinland-Pfalz § 11; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; EMRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 15.04.2014; Aktenzeichen 6 O 114/12)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 07.02.2018; Aktenzeichen 1 BvR 442/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 15.4.2014 dahingehend geändert, dass die Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens in der Hauptsache festgestellt wird.

II. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten aller Rechtszüge des Erkenntnisverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Nachdem der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) das Verfügungsverfahren einseitig für in der Hauptsache erledigt erklärt hat, streiten die Parteien darüber, ob das von ihm mit gerichtlicher Hilfe durchgesetzte Verlangen auf Abdruck einer Gegendarstellung, dem die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) zwecks Abwendung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung nachgekommen ist, begründet war.

Der Kläger ist ein deutschlandweit bekannter Journalist und Fernsehmoderator. Die Beklagte verlegt u.a. die Wochenzeitschrift "W.". In deren Ausgabe vom 29.2.2012 verbreitete sie auf der Titelseite am linken Rand in mittlerer Höhe ein Foto des Klägers. Neben diesem Bild finden sich die Namensnennung des Klägers, darunter in etwas größeren Buchstaben die Mitteilung "Sterbedrama um seinen besten Freund" und darunter in kleinerer Schrift die Frage "Hätte er ihn damals retten können?".

Der dazugehörende Artikel im Innenteil der Zeitschrift wiederholt als Überschrift die Meldung auf der Titelseite. In dem Beitrag, der sich mit dem Tod eines 1982 im Alter von 26 Jahren verstorbenen Schulfreundes des Klägers befasst, wird unter Bezugnahme auf einen weiteren ehemaligen Mitschüler berichtet, dass der Verstorbene zunächst eine Angina verschleppt und deshalb einen Herzklappenfehler davongetragen habe; die Herzklappe sei danach von Streptokokken infiziert worden und der Schulfreund habe aus Leichtsinn den Ratschlag einer Ärztin, er müsse deswegen im Bett liegen und sich ruhig verhalten, nicht beachtet, so dass er einen tödlichen Herzinfarkt erlitten habe.

Wegen der näheren Einzelheiten der Gestaltung der Titelseite und der Berichterstattung im Heftinneren wird auf die Anlage AST 1 (Bl. 8, 9 d.A.) verwiesen.

In der Folge erwirkte der Kläger gegen die Beklagte bei dem LG Hamburg durch einstweilige Verfügung das Verbot, erneut die in Rede stehende Titelseitenmeldung zu verbreiten (324 O 194/12). Die von der Beklagten eingelegte Berufung gegen das Urteil des LG vom 31.8.2012, mit dem die einstweilige Verfügung bestätigt worden ist, hat das OLG Hamburg mit Urteil vom 1.7.2014 (7 U 94/12) zurückgewiesen.

Die außergerichtliche Aufforderung des Klägers zum Abdruck einer Gegendarstellung lehnte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 13.3.2012 ab.

Das von dem Kläger daraufhin angegangene LG Frankenthal (Pfalz) hat der Beklagten mit Urteil vom 24.4.2012 (6 O 114/12) im Wege der einstweiligen Verfügung nach § 11 Landesmediengesetz (LMG) Rheinland-Pfalz mit einer näheren Abdruckanordnung den Abdruck der nachfolgenden Gegendarstellung auferlegt:

Gegendarstellung

Auf der Titelseite von "W." vom 29.2.2012, schreiben Sie über mich:

"X. Y.

Sterbedrama um seinen besten Freund

Hätte er ihn damals retten können?"

Hierzu stelle ich fest:

Ich hatte keine Möglichkeit, meinen Freund zu retten, da er aufgrund einer Erkrankung verstorben ist, auf die ich keinerlei Einfluss hatte.

S.-Stadt, den 9.3.2012

X. Y.

Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil hat der erkennende Senat am 5.9.2012 im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen (4 U 72/12).

Nach zwei von dem Pfälzischen OLG Zweibrücken bestätigten Zwangsgeldbeschlüssen (3 W 152/12 und 3 W 42/13) und erfolglosen Anträgen auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch das BVerfG hat die Beklagte die Gegendarstellung so wie vom LG ausgeurteilt auf der Titelseite der Ausgabe der "W." vom 17.7.2013 abgedruckt (in Kopie Anlage AST 6 = Bl. 1061 d.A.). Dem Text der Gegendarstellung nachstehend hat sie dieser von sich aus noch hinzugefügt: "Herr Y. hat Recht. Die Redaktion".

Auf die Verfassungsbeschwerden der Beklagten hat die 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG mit Beschluss vom 4.11.2013 (1 BvR 2102/12, 1 BvR 1660/13, veröffentlicht u.a. in NJW 2014, 766 und in juris) die Entscheidungen der Zivilgerichte betreffend den Gegendarstellungsanspruch im Erkenntnis- und im Vollstreckungsverfahren aufgehoben und das Verfahren insgesamt an das LG Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen.

Die Feststellung einer Verletzung der Beklagten in ihrem Grundre...

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