Entscheidungsstichwort (Thema)

Scheidungsausspruch im Berufungsrechtszug bei Genehmigung der Vereinbarung zum Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Ehe ist auch dann i.S.d. § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB gescheitert, wenn sie nur von einem Ehegatten (einseitig) als zerrüttet angesehen wird.

2. Weist das FamG einen Scheidungsantrag zurück, kann das Berufungsgericht in zweiter Instanz die Scheidung der Ehe aussprechen, falls als Folgesache nur über den Versorgungsausgleich zu entscheiden ist und insoweit - weil die Auskünfte zu den beiderseitigen Anwartschaften vorliegen - eine Vereinbarung der Ehegatten über den Ausgleich familiengerichtlich genehmigt werden kann.

 

Normenkette

BGB § 1565 Abs. 1, §§ 1566, 1587o Abs. 1-2; ZPO § 629b Abs. 1; FGG § 53d

 

Verfahrensgang

AG Landstuhl (Urteil vom 01.12.2005; Aktenzeichen 1 F 174/05)

 

Tenor

I. Das Urteil des AG - FamG - Landstuhl vom 1.12.2005 wird geändert:

Die am ...1991 vor dem Standesbeamten in L. unter Heiratsregister-Nr. .../... geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien, beide von Beruf R., streiten, ob ihre am ...1991 geschlossene Ehe zu scheiden ist.

Die Parteien leben nach einem Versöhnungsversuch Mitte des Jahres 2004 seit dem 20.9.2004 getrennt voneinander, zunächst innerhalb des gemeinsamen Hauses. Ende Oktober 2005 ist die Antragstellerin ausgezogen. Die beiden Kinder der Parteien leben beim Antragsgegner und werden von diesem versorgt.

In einem notariellen Grundstücküberlassungsvertrag vom 18.10.2004 haben die Parteien im Hinblick auf eine einverständliche Scheidung ihrer Ehe u.a. den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Für den Fall der Unwirksamkeit des Ausschlusses nach § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB haben sie in der notariellen Urkunde zugleich den völligen gegenseitigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs gem. § 1587o BGB vereinbart und insoweit die Genehmigung des zuständigen FamG beantragt. Der Scheidungsantrag ist dem Antragsgegner am 22.7.2005 zugestellt worden.

Das AG - FamG - hat Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt, die Parteien gem. § 613 Abs. 1 ZPO angehört und sodann den Ehescheidungsantrag abgewiesen. Ein endgültiges Scheitern der Ehe könne nicht festgestellt werden. Soweit der Antragsgegner ursprünglich der Scheidung zugestimmt habe, liege ein wirksamer Widerruf bzw. eine Rücknahme vor. Die vorherige Einigkeit hinsichtlich eines Scheiterns sei lediglich eine Momentaufnahme, was nicht ausschließe, dass künftig ein Sinneswandel eintrete, nicht zuletzt im Interesse der beiden Kinder.

Hiergegen macht die Antragstellerin im Wege der Berufung geltend: Bereits zum Jahreswechsel 2003/2004 habe sie dem Antragsgegner ihre Trennungsabsicht mitgeteilt. Ein Versöhnungsversuch sei gescheitert. Im Übrigen habe sie sich seit Dezember 2004 einem anderen Partner zugewandt. Das gelte auch für den Antragsgegner. Der Versorgungsausgleich sei aufgrund des vereinbarten Ausschlusses entscheidungsreif. Insoweit werde die gerichtliche Genehmigung beantragt.

Die Antragstellerin beantragt, das erstinstanzliche Urteil des AG Landstuhl - 1 F 174/05 - vom 1.12.2005 aufzuheben und die am ...1991 vor dem Standesbeamten in L. unter Heiratsregister-Nr. .../... geschlossene Ehe der Parteien zu scheiden, hilfsweise, die Sache zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats an das zuständige AG zurückzuverweisen.

Der Antragsgegner beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Antragsgegner verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 9.3.2003. Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs hält er eine Genehmigung durch das AG - FamG - für erforderlich.

Der Senat hat die Parteien im Termin gem. § 613 ZPO angehört und sodann den Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß der notariellen Vereinbarung familiengerichtlich genehmigt.

II. Die Berufung der Antragstellerin ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

Das Rechtsmittel führt auch in der Sache zum Erfolg. Die Ehe der Parteien ist zu scheiden (1.). Dies kann der Senat selbst aussprechen, da nach Genehmigung des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs keine weiteren Folgesachen zur Entscheidung anstehen (2.).

1. Die Ehe ist zu scheiden, weil sie gescheitert ist (§ 1565 Abs. 1 S. 1 BGB).

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits die Vermutung des § 1566 BGB greift oder ob die ursprünglich erteilte Zustimmungserklärung des Antragsgegners entsprechend § 630 Abs. 2 S. 1 ZPO wirksam widerrufen werden konnte (Weinreich, FamR, 2. Aufl., § 1566 Rz. 7; Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1566 Rz. 2). Die Parteien leben jedenfalls - auch schon zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz - seit mehr als 1 Jahr getrennt voneinander. Ihre Ehe ist auch als gescheitert anzusehen, weil danach die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Parteien diese wiederherstell...

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