Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung eines Erbscheins über die Erbfolge nach der am 27. März 1988 verstorbenen …, zuletzt wohnhaft in …. Gemeinschaftliches Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der Beurteilung eines gemeinschaftlichen Testaments von Ehegatten deren Heimatrechte zu diesem Institut einen unterschiedlichen Standpunkt einnehmen.

 

Normenkette

EGBGB Art. 26, 220; BGB §§ 2247, 2270 Abs. 2, § 2271 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Trier (Beschluss vom 06.02.1991; Aktenzeichen 4 T 88/89)

AG Wittlich (Aktenzeichen 2 b VI 232/88)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren wird zur weiteren Entscheidung an das Amtsgericht Wittlich zurückverwiesen.

3. Der Beteiligte zu 1) hat dem Beteiligten zu 4) die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

4. Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde wird auf 225 000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Erblasserin, deutsche Staatsangehörige, ist am 27. März 1988 im Alter von 58 Jahren verstorben. Ihr Ehemann, der am 27. Dezember 1900 geborene jugoslawische Staatsangehörige …, ist am 16. April 1976 vorverstorben. Die Ehe war kinderlos. Der Ehemann der Erblasserin hatte aus erster Ehe zwei Kinder, die Beteiligten zu 1) und 2).

Die Eheleute … lebten zunächst in Jugoslawien und Griechenland. Im Jahre 1977 siedelten sie nach England über, wo die Beteiligte zu 2) lebt, und erwarben dort in Gloucester ein Haus. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben dem Nachlaßgericht eine beglaubigte Fotokopie eines in Gloucester errichteten privatschriftlichen Testaments der Eheleute … vom 5. Februar 1968 vorgelegt, die unter dem Datum des 9. März 1968 die Unterschrift von zwei Zeugen trägt. Das Original des Testaments liegt nicht mehr vor. Nach dem von der Erblasserin in deutscher und vom Ehemann in englischer Sprache verfaßten Text setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein, Erben des Längstlebenden sollen die Kinder des Ehemannes, also die Beteiligten zu 1) und 2) sein. Falls der Überlebende eine neue Ehe eingehen und aus dieser Ehe Kinder haben sollte, so soll nach seinem Tode das Erbe zwischen den Kindern „aus allen früheren und späteren Ehen gleichmäßig verteilt werden”.

Im Sommer 1972 verzogen die Eheleute … nach Wittlich, nachdem die Erblasserin am dortigen Gymnasium als Lehrerin eingestellt worden war. Das Hausgrundstück in England wurde nach dem Tod ihres Ehemannes von der Erblasserin im September 1976 für 10 350 englische Pfund veräußert.

Am 28. Dezember 1987 hat die Erblasserin ein privatschriftliches Testament errichtet, das sie durch Erklärungen vom 2. und 21. Februar 1988 ergänzt hat. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem Haus, das die Erblasserin nach dem Tode ihres Ehemannes gebaut hat, sowie Bankguthaben im Wert von rund 200 000,– DM. Nach den Testamenten der Erblasserin von Ende 1987 und Anfang 1988 soll der „Erlös des Hauses” zu 3/4 an die Beteiligte zu 2) und zu 1/4 an die Beteiligte zu 3), eine Großcousine der Erblasserin, gehen. Die Bankguthaben hat die Erblasserin im wesentlichen ihrem damaligen Lebensgefährten, dem Beteiligten zu 4), zugewandt.

Die Beteiligte zu 3) hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach die Erblasserin von ihr zu 19/100, dem Beteiligten zu 4) zu 44/100 und der Beteiligten zu 2) zu 37/100 beerbt worden ist. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben unter Berufung auf das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahre 1968 einen Erbschein beantragt, der sie jeweils zur Hälfte als Erben ausweist.

Das Amtsgericht hat über die näheren Umstände der Beglaubigung der Fotokopie des gemeinschaftlichen Testaments Zeugenbeweis erhoben und zur Frage, ob das gemeinschaftliche Testament vom 5. Februar 1968 – seine Existenz unterstellt – wirksam ist, ein Gutachten von Prof. Lüderitz eingeholt, dem Direktor des Instituts für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität Köln. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, daß das gemeinschaftliche Testament zwar formgültig errichtet worden ist, jedoch nur hinsichtlich des in England belegenen Grundbesitzes eine gewisse Bindungswirkung entfaltet.

Das Amtsgericht hat gleichwohl die Erteilung eines Erbscheins entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) angekündigt. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) und 4) hat das Landgericht diesen Vorbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß das gemeinschaftliche Testament unwirksam sei, da das für die Verfügung des Ehemannes maßgebliche jugoslawische Recht im Interesse der Testierfreiheit des Letztversterbenden vertragliche oder vertragsähnliche Bindungen bei Verfügungen von Todes wegen ablehne. Auch hinsichtlich des in England belegenen Grundbesitzes komme eine Einschränkung der Testierfreiheit der Erblasserin nicht in Betracht, weil der hierfür erzielte Erlös in dem Nachlaß nicht mehr unterscheidbar vorhanden sei. Gegen diesen Beschluß richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), die von der Beteiligten zu 2) unterstütz...

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