Leitsatz (amtlich)

1. Die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entgegen §§ 726 Abs. 1 ZPO, 20 S. 1 Nr. 12 RPflG erteilte Vollstreckungsklausel ist nicht unwirksam.

2. Hat der Gläubiger eine sog. einfache Vollstreckungsklausel in Händen, kann das Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf Erteilung einer sog. titelergänzenden Klausel fehlen.

 

Normenkette

ZPO §§ 724, 726 Abs. 1, § 795 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 2 O 606/02)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Gläubigerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.077,78 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien schlossen am 12.11.2002 im Verfahren 2 O 606/02 vor dem LG Landau in der Pfalz folgenden Vergleich:

„1. Der Beklagte zahlt an den Kläger einen Betrag von 5.077,78 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basissatz hieraus seit dem 18.1.2002.

2. Bis zum 25.11.2002 hat der Beklagte die Hinterlegung des titulierten Betrages bei seinem Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt … nachzuweisen.

3. Für den Fall des Nichtnachweises ist der Kläger berechtigt aus dem Vergleich zu vollstrecken. Der mangelnde Nachweis der Hinterlegung ist nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu erbringen …”

Auf ihren Antrag erteilte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Gläubigerin (im Vergleich: „Kläger”) eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs. Nachdem das AG Kandel gegen die Vornahme einer von der Gläubigerin beantragten Vollstreckungsmaßnahme Bedenken erhoben hatte, weil die vollstreckbare Ausfertigung vom nicht zuständigen Urkundsbeamten erteilt worden sei, beantragte die Gläubigerin die „Erteilung der Vollstreckungsklausel durch den zuständigen Rechtspfleger.” Sie legte ein Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners (im Vergleich: „Beklagter”) vom 18.3.2003 vor, das auszugsweise wie folgt lautet: „Herr R. hatte mir zwar bereits im Januar 2003 einen Scheck über 4.458,37 Euro hereingegeben, bis heute allerdings noch kein „grünes Licht” zur Einreichung desselben gegeben. Dies zu Ihrer Kenntnis verbunden mit dem Hinweis, dass ich den Mandanten gleichzeitig daran erinnerte.” Die Rechtspflegerin bei dem LG Landau in der Pfalz lehnte den Antrag mit dem angefochtenen Beschluss ab.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Gläubigerin.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch i.Ü. in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG).

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin bei dem LG Landau in der Pfalz hat i.E. richtig entschieden. Denn die Gläubigerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer sog. titelergänzenden Klausel gem. §§ 726 Abs. 1, 795 S. 1 ZPO.

a) Zutreffend ist die Rechtspflegerin in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass hier ein Fall des § 726 Abs. 1 ZPO vorliegt. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des vor dem LG Landau in der Pfalz im Verfahren 2 O 606/02 geschlossenen Vergleichs vom 12.11.2002 kann die Gläubigerin die Leistung des Schuldners erst geltend machen, wenn ein künftiges ungewisses Ereignis eingetreten ist. Nach Ziff. 2) des Vergleichs hat der Schuldner bis zum 25.11.2002 die Hinterlegung des titulierten Betrages, bei seinem Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt … nachzuweisen; nach Ziff. 3) ist die Gläubigerin „für den Fall des Nichtnachweises” berechtigt, aus dem Vergleich zu vollstrecken.

Gemäß § 158 Abs. 1 BGB ist damit zwischen den Parteien des Rechtsstreits eine aufschiebende Bedingung vereinbart worden.

b) Die Rechtspflegerin ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass der „Nichtnachweis” der Hinterlegung hier von der Gläubigerin zu beweisen ist. Dies folgt daraus, dass in dem ersten Satz der Ziff. 3) des Vergleichs der „Nichtnachweis” als Voraussetzung für die Vollstreckung formuliert worden ist. Dass die Parteien damit der Gläubigerin die Beweislast zuweisen wollten, ergibt sich aus dem zweiten Satz der Ziff. 3) des Vergleichs. Denn diese Regelung macht nur Sinn, wenn die Parteien von einer Beweislast der Gläubigerin, die im Verfahren nach § 726 Abs. 1 ZPO zu erfüllen ist, ausgegangen sind.

c) Der Gläubigerin fehlt jedoch für den Antrag, ihr (gegen Rückgabe der ihr erteilten vollstreckbaren Ausfertigung) gem. § 726 Abs. 1 ZPO eine sog. titelergänzende Klausel zu erteilen, das – auch hier erforderliche (vgl. Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, ZPO, 3. Aufl., §§ 724–734 Rz. 9) – Rechtsschutzinteresse. Denn sie ist bereits im Besitz einer einfachen, gem. § 724 ZPO vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erteilten vollstreckbaren Ausfertigung.

aa) Zwar hätte der Urkundsbeamte, wie ausgeführt, eine sog. einfache Vollstreckungsklausel nicht erteilen dürfen. Die Überschreitung der Zuständigkeit durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle führt jedoch nach der st. Rspr. des Senats nicht zur Unwirksamkeit der Klausel (vgl. OLG Zweibrücken v. 17.3.1997 –...

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