Verfahrensgang

AG Berlin-Lichtenberg (Aktenzeichen 11 C 253/09)

 

Tenor

Als örtlich zuständiges Gericht wird das AG Grünstadt bestimmt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die Erstattung der sonstigen Kosten richtet sich nach der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

 

Gründe

Das Pfälzische OLG Zweibrücken ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO für die Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt zwischen den AG Grünstadt und Lichtenberg berufen, nachdem das AG Grünstadt, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, zuerst mit der Sache befasst war.

Als örtlich zuständiges Gericht ist das AG Grünstadt zu bestimmen. Die örtliche Zuständigkeit des AG Grünstadt folgt aus den §§ 12, 13 ZPO.

Eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit des AG Lichtenberg gem.

§ 29a ZPO ist nicht gegeben. Die Frage der Anwendbarkeit des § 29a ZPO auf Sicherungsgeschäfte hinsichtlich des Mietverhältnisses ist umstritten. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass der besondere ausschließliche Gerichtsstand des § 29a ZPO nur für den miet- oder pachtvertraglich Haftenden, nicht aber für Dritte, wie einen Bürgen oder Garanten gegeben sein soll (OLG München ZMR 1973, 84 f.; OLG Hamburg ZMR 1991, 26; BayObLG NJW-RR 2000, 1734; BayObLG NZM 2000, 784; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 1167; vgl. auch LG Frankenthal NJW-RR 1997, 334, 335). Demgegenüber wird auch die gegenteilige Auffassung vertreten (AG Tempelhof-Kreuzberg, Das Grundeigentum 1985, 419; LG Berlin, Das Grundeigentum 1988, 627; AG Neuköln MM 1994, 210; LG Hamburg WuM 2003, 38). Der 10. Zivilsenat des BGH hat mit Beschluss vom 16.12.2003 die umstrittene Frage dahin entschieden, dass vom Gerichtsstand des § 29a ZPO Ansprüche des Vermieters aufgrund eines selbständigen Gewähr-, Garantie- oder Bürgschaftsvertrages gegen einen Dritten, der nicht Partei eines Miet- oder Pachtvertrages über Räume, dessen Anbahnung oder Abwicklung ist, nicht erfasst werden. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.

Das Ergebnis legt bereits der Wortlaut des § 29a Abs. 1 ZPO nahe. Dieser erfasst nur Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume oder über das Bestehen solcher Verhältnisse, also Rechtsstreitigkeiten, an denen die Prozessbeteiligten als Parteien des Vertrages, seiner Anbahnung oder Abwicklung beteiligt sind. Demgegenüber handelt es sich bei Ansprüchen des Vermieters gegen einen Dritten aus einem selbständigen Gewähr- oder Garantievertrag nicht um Streitigkeiten aus einem Miet- oder Pachtverhältnis, seine Anbahnung und Abwicklung, sondern um Ansprüche aus einem selbständigen Rechtsgeschäft. Sie unterscheiden sich damit von einem Schuldbeitritt, bei dem der Mitübernehmer neben der ursprünglichen Vertragspartei in ein bestehendes Schuldverhältnis eintritt und damit Partei des Miet- oder Pachtverhältnisses wird.

Auch Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach für die örtliche Zuständigkeit an die Belegenheit des Miet- oder Pachtobjekts anzuknüpfen ist, sprechen gegen die Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall. Denn bei selbständigen Gewähr-, Garantie- oder Bürgschaftsverträgen kommt es anders als bei Ansprüchen aus dem Miet- oder Pachtverhältnis auf die belegene Sache in der Regel nicht an.

Der Beschluss vom 5.8.2009, mit dem das AG Grünstadt den Rechtsstreit an das AG Lichtenberg gem. § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO verwiesen hat, ist für dieses zwar grundsätzlich bindend (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 281 Rz. 14). Diese Bindungswirkung tritt dabei selbst bei einer rechtlich fehlerhaften Verweisung ein. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Verweisung objektiv willkürlich ist, ihr insb. jegliche gesetzliche Grundlage fehlt (BayObLG NJW-RR 1994, 891), sie auf mehreren groben Rechtsirrtümern beruht (vgl. BGH NJW-RR 1992, 383), wenn der entsprechende Beschluss unter Versagung des rechtlichen Gehörs ergangen ist oder wenn er keine Begründung enthält und deshalb nicht erkennen lässt, ob er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht (vgl. Greger in Zöller, a.a.O., § 281 Rz. 17, 17a).

So verhält es sich hier. Der Verweisungsbeschluss des AG Grünstadt kann schon deshalb keine Bindungswirkung beanspruchen, weil er nicht ausreichend begründet wurde. Er enthält keine Darlegung, woraus sich die Zuständigkeit des LG Lichtenberg ergeben soll und lässt damit nicht erkennen, inwieweit das AG Grünstadt die Voraussetzungen der §§ 12 ZPO ff., insb. des § 29a ZPO geprüft und das Ergebnis dieser Prüfung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2323586

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