Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Gültigkeit eines teils eigenhändig, teils mit Schreibmaschine gefertigten privatschriftlichen Testaments und zu den Rechtsfolgen des Widerrufs eines früheren Testamentswiderrufs.

 

Normenkette

BGB §§ 2085, 2247 Abs. 1, §§ 2254, 2257

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 2 T 2/03)

AG Bad Sobernheim (Aktenzeichen 7 VI 164/02)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 175.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die seit 1991 verwitwete Erblasserin ist im Jahre 2002 im Alter von 94 Jahren in …, ihrem letzten Wohnsitz, kinderlos verstorben. Der Beteiligte zu 1) war ihr Nachbar, der Beteiligte zu 2) ihr Hausarzt.

Die Erblasserin hatte in einem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testament vom 15.7.2001 den Beteiligten zu 1) zum „alleinigen Erben” ihres Hausgrundstücks nebst Inventar in … eingesetzt. Mit einem notariell beurkundeten Testament vom 21.3.2002 widerrief sie alle bisher errichteten Verfügungen von Todes wegen und setzte wiederum den Beteiligten zu 1) als ihren Alleinerben ein; für den Fall von dessen Vorversterben wurde als Alleinerbe der Beteiligte zu 2) berufen; u.a. zu Gunsten des Beteiligten zu 2) und dessen Ehefrau ordnete die Erblasserin Geldvermächtnisse an.

Am 25.3.2002 errichtete die Erblasserin privatschriftlich eine weitere letztwillige Verfügung. Darin heißt es – handschriftlich – zunächst wie folgt:

„Hiermit widerrufe ich mein Testament vom 22.3.2002 (gemeint: 21.3.2002), ausgefertigt durch Herrn Notar …, da es nicht dem von mir geäußerten letzten Willen entspricht.”

Vor ihrer Unterschrift fügte die Erblasserin im Weiteren folgenden mit der Schreibmaschine gefertigten Text ein:

„Es war nur mein Wunsch, [den Beteiligten zu 1)], wohnhaft in …, … auf Lebenszeit zum Nutznießer meines Erbes zu machen.

Nach seinem Tod sollte nicht seine Familie, sondern [der Beteiligte zu 2)] das Haus und Grundstück bekommen.

Ich schließe hiermit Frau und Kinder von [dem Beteiligten zu 1)] ausdrücklich von der Erbschaft aus. Nach dem Tod von [dem Beteiligten zu 1)] gehen Haus und Grundstück auf [den Beteiligten zu 2)] über.

Erbe des Hauses wird [der Beteiligte zu 2)], geboren am … [Der Beteiligte zu 1)] erhält auf Lebenszeit ein Nutzungsrecht (Nießbrauch) an dem Haus, d.h., er bekommt es schulden- und lastenfrei von der Erblasserin und kann so lange er lebt selber nutzen oder vermieten, die Erträge gehen an [den Beteiligten zu 1)].

Dafür ist er verpflichtet, das Haus in ordnungsgemäßem Zustand zu halten und die anfallenden Kosten zu tragen.

Er darf Haus und Grundstück nicht veräußern.

Nach seinem Tod fällt das Haus und Grundstück an [den Beteiligten zu 2)], der dann die fälligen Erbschaftssteuern tragen muss.”

Der Beteiligte zu 1) beantragte einen Erbschein, der ihn auf Grund des notariellen Testaments vom 21.3.2002, hilfsweise auf Grund der letztwilligen Verfügung vom 15.7.2001 als Alleinerben ausweisen soll. Mit Beschluss vom 27.11.2002 wies das AG den Erbscheinsantrag zurück: Das notarielle Testament vom 21.3.2002 habe die Erblasserin wirksam widerrufen. Eine Beerbung durch den Beteiligten zu 1) auf Grund der letztwilligen Verfügung vom 15.7.2001 scheide deshalb aus, weil dies nicht dem verlautbarten Willen der Erblasserin entspreche. Damit sei die gesetzliche Erbfolge eingetreten.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat der Einzelrichter der Zivilkammer am 11.2.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1). Er erstrebt nunmehr die Anordnung der Erteilung eines Erbscheins, der bezeugen soll, dass er die Erblasserin auf Grund des privatschriftlichen Testaments vom 15.7.2001 alleine beerbt habe.

II. 1. Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1 FGG) und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 S. 1 und 3 FGG). Die Berechtigung des Beteiligten zu 1) zur Einlegung der weiteren Beschwerde ergibt sich gem. §§ 20 Abs. 1, 29 Abs. 4 FGG schon aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde.

2. Das sonach zulässige Rechtsmittel ist in der Sache unbegründet. Denn die angefochtene Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Vielmehr haben die Vorinstanzen zu Recht den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, weil dieser nicht Erbe geworden ist.

a) Das formwirksame eigenhändige Testament (§ 2247 BGB) der Erblasserin vom 15.7.2001, in welchem sie den Beteiligten zu 1) zu ihrem Alleinerben eingesetzt hatte, ist durch das notarielle Testament vom 21.3.2002 ausdrücklich widerrufen worden (§§ 2253, 2254 BGB).

Dieses dem Beteiligten zu 1) ebenfalls zum alleinigen Erben berufende notarielle Testament ist seinerseits durch die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 25.3.2002 widerrufen worden.

Zwar ist die zuletzt genannte Verfügung von Todes wegen insoweit formnichtig (§§ 2247 Abs. 1, 125 BGB), als sie in ihrem maschinenschriftlichen Teil die Erbeinsetzung des ...

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