Normenkette

IfSG §§ 6-7; VVG

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Urteil vom 15.07.2021; Aktenzeichen 3 O 469/20)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 15.07.2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern, Az. 3 O 469/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 08.03.2022.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend einen Entschädigungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag vom 13.06.2014 mit der Begründung verneint, dass die Betriebsschließung ab 21.03.2020 wegen des pandemisch aufgetretenen Corona-Virus nicht versichert war. Die Berufungsangriffe des Klägers führen angesichts der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.01.2022, Az. IV ZR 144/21 (Juris) zu keiner anderen Beurteilung.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung mittels Beschlusses (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 - 4 ZPO) liegen vor.

1. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Corona-Virus nicht von der Regelung in § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden infolge Infektionsgefahr (Betriebsschließung) - Stand 01.01.2009 (im Folgenden AVB-BS), die in den Versicherungsvertrag unstreitig wirksam einbezogen worden sind, erfasst ist. Gemäß § 1 Abs. 1 a) AVB-BS besteht Versicherungsschutz nur für Betriebsschließungen, die zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten angeordnet werden. Die meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserreger ergeben sich aus dem Katalog in §1 Abs. 2 a) und b) AVB-BS, der abschließend ist und weder die Krankheit COVID 19 noch den Erreger SARS-CoV-2 beinhaltet.

Die in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der juristischen Literatur streitige Frage, ob bei einer Klauselfassung der vorliegenden Art die Krankheiten und Erreger nur beispielhaft aufgelistet werden und eine dynamische Verweisung der Bedingungen auf das Infektionsschutzgesetz vorliegt oder ob der Katalog abschließend ist, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26.01.2022 (Az. IV ZR 144/21, Juris) im letztgenannten Sinn beantwortet. Die Klausel enthält bei sachgerechter Auslegung keine Verweisung auf §§ 6 und 7 IfSG. Zweifel an der Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB bestehen nicht. Die Regelung in den Versicherungsbedingungen ist weder mehrdeutig noch überraschend (BGH, Urteil vom 26.01.2022, Az. IV ZR 144/21, Juris, Rn. 15 ff.). Der Senat sieht keine Veranlassung, hiervon abweichend zu entscheiden.

a) Ebenso wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ergibt sich für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus der Lektüre des § 1 der AVB-BS, in der der Versicherungsfall im Einzelnen definiert wird, dass die den Versicherungsschutz auslösenden meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Abs. 2 AVB-BS näher bestimmt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Klammerzusatz "(siehe Nr. 2)" in Abs. 1 der Vertragsbedingung. In der Klausel, auf die auf diese Weise Bezug genommen wird, wird durch die Überschrift "Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger" und die anschließende Formulierung, dass "meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen... die folgenden [Fettdruck im Originaltext] ... namentlich genannten [sind]", klar und eindeutig erkennbar, dass insoweit eine eigenständige Definition in den Versicherungsbedingungen erfolgt (BGH, Urteil vom 26.01.2022, Az. IV ZR 144/21, Juris, Rn. 16). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird feststellen, dass die Vertragsklausel nicht allein auf §§ 6 und 7 IfSG verweist, sondern nach dem Klauselwortlaut ausdrücklich "die folgenden" Krankheiten und Erreger versichert sind. Die nachfolgende umfangreiche Aufzählung wird er - entgegen der Ansicht des Klägers - als abschließend und nicht als bloße Information über den Inhalt des in Bezug genommenen Gesetzes oder als Anpreisung des Versicherungsschutzes ansehen, selbst wenn eine weitergehende Klarstellung etwa durch Worte wie "nur" oder "ausschließlich" nicht erfolgt; schon die Hervorhebung mittels Fettdruck zeigt eindeutig die Begrenzung auf die gelisteten Krankheiten bzw. Erreger an. Der Wortlaut der Klausel gibt ihm keinen Hinweis für eine lediglich beispielhafte Aufzählung, denn es fehlen insoweit Formulierungen wie "zum Beispiel" oder "unter anderem". Einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer wird in diesem Zusammenhang auffallen, dass die Regelung in § 1 Abs. 2 AVB-BS entbehrlich wäre, wenn die Beklagte tatsächlich alle nach dem IfSG meldepflichtigen Krankheiten und Erreger mit ihrem Leistungsversprechen hätte erfassen wollen.

Die ergänzende Bezugnahme auf die in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger wird der durchschnittli...

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