Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung und Herausgabe einer Wohnung

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Vorlegungsbeschluss vom 20.03.1987; Aktenzeichen 2 S 422/86)

AG Kaiserslautern (Aktenzeichen 4 C 2170/86)

 

Tenor

Gemäß Art. III Abs. 1 Satz 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften legt der Senat dem Bundesgerichtshof folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor:

Reicht es für die Annahme eines Wohnraumbedarfs im Sinne des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB aus, daß der Vermieter oder ein Familienangehöriger in die Wohnung einziehen will, oder ist zusätzlich erforderlich, daß der Vermieter oder der Familienangehörige derzeit unzureichend untergebracht ist?

 

Tatbestand

I.

Die alleinstehende Beklagte bewohnt aufgrund eines mit Wirkung vom 1. Oktober 1982 mündlich geschlossenen Mietvertrages eine der Klägerin gehörende Eigentumswohnung in dem Anwesen … in …, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad, WC, Diele und Balkon. Die Klägerin, die im Jahre 1985 ohne Erfolg einen Räumungsprozeß gegen die Beklagte geführt hatte, verlangt mit ihrer im August 1986 erhobenen Klage erneut die Räumung und Herausgabe der Wohnung. Dazu hat sie vorgetragen: Sie benötige die Eigentumswohnung, wie in der unter dem 28. Mai 1986 abgegebenen Kündigungserklärung dargelegt, für ihren 22-jährigen Sohn …. Dieser bewohne derzeit ein Zimmer in dem elterlichen Haus in …. Er studiere an der Fachhochschule in … und helfe jetzt schon im Hinblick darauf, daß er später den väterlichen Baubetrieb in … übernehmen solle, in diesem Betrieb aus. Die Beklagte hält die Kündigung für unwirksam. Im übrigen hat sie behauptet und durch den Antrag auf Vernehmung des Ehemannes der Klägerin unter Beweis gestellt, daß ihr die Klägerin beim Abschluß des Mietvertrages zugesichert habe, daß keine auf Eigenbedarf gestützte Kündigung ausgesprochen werde. Im Hinblick hierauf habe sie auch mehrere tausend DM in den Ausbau der gemieteten Wohnung investiert.

Das Amtsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 13. November 1986 die Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Landgericht Kaiserslautern eingelegt. Die Berufungskammer erachtet in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht die Kündigungserklärung vom 28. Mai 1986 für unwirksam, weil es an einem berechtigten Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne des § 564 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB fehle. Deren Wunsch, die Eigentumswohnung in … ihrem Sohn zu überlassen, genüge nicht. Ebensowenig sei es ausreichend, daß sich der Sohn „möglicherweise von dem Elternhaus lösen” wolle. Auch der Wunsch des Sohnes der Klägerin, am Studienort selbst zu wohnen, ändere nichts, da dieser über einen eigenen Pkw verfüge und die Strecke … „mühelos bewältigen” könne. Soweit die Klägerin schließlich die Mitarbeit ihres Sohnes im väterlichen Betrieb in … als Eigenbedarfsgrund anführe, sei nicht ersichtlich, wieso diese Tätigkeit einen Wohnaufenthalt in … erfordere; der Ehemann der Klägerin als Betriebsinhaber wohne schließlich auch nicht in … sondern in …. Demnach sei das Klagebegehren schon nicht schlüssig, so daß die Berufung ohne weitere Beweisaufnahme zurückzuweisen sei.

An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich die Berufungskammer durch den Rechtsentscheid des HansOLG Hamburg vom 10. Dezember 1985 (Rechtsentscheid-Sammlung – RES.– Bd. IV § 564 b BGB Nr. 35 = NJW 1986, 852) gehindert, wonach schon der bloße Wille des Vermieters, die herausverlangte Wohnung einem Familienangehörigen zur Verfügung zu stellen, eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigt, ohne daß es auf dessen unzureichende Unterbringung ankomme. Da die Kammer dieser Auffassung nicht folgen will, hat sie dem Senat folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Reicht es für die Annahme eines Wohnraumbedarfs aus, daß der Vermieter oder ein Familienangehöriger in die gekündigte Wohnung einziehen will, oder ist zusätzlich erforderlich, daß der Vermieter oder ein Familienangehöriger derzeit unzureichend untergebracht ist?

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist gemäß Art. III Abs. 1 Satz 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften – 3. MAG – zulässig. Das Landgericht kann nicht wie beabsichtigt entscheiden, ohne damit von dem Rechtsentscheid des HansOLG Hamburg vom 10. Dezember 1985 abzuweichen. Denn nach diesem Rechtsentscheid reicht es für eine wirksame Eigenbedarfskündigung aus, daß der Vermieter die herausverlangte Wohnung einem Familienangehörigen i.S.d. § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB zur Verfügung stellen will, und zwar unabhängig von der Art der bisherigen Unterbringung des Familienangehörigen. Durch die Willensentscheidung des Vermieters werde das Merkmal „benötigt” in § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB begründet. Ein darüber hinausgehendes objektives berechtigtes Interesse des Vermieters an der Raumerlangung durch den Familienangehörigen sei nicht zu fordern.

Die Zulässigkeit der Vorlage durch das Landgericht kann hier nicht deswegen verneint werden, weil eine Beweisaufnahme über die Behauptung der Beklagten, die Klägerin...

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