Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe: Festsetzung einer Vergleichsgebühr gegen die Landeskasse im Umgangsregelungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Regelung des Umgangsrechts kann grundsätzlich die Vergleichsgebühr des § 23 BRAGO anfallen.

2. Verfahren betreffend die elterliche Sorge für ein Kind sowie Verfahren über die Regelung des Umgangs mit einem Kind sind gesonderte Verfahrensgegenstände. Für eine Vereinbarung über die Umgangsregelung ist daher eine gesonderte Bewilligung der Prozesskostenhilfe sowie die Beiordnung des Rechtsanwalts erforderlich.

 

Normenkette

BRAGO §§ 23, 122, 128; ZPO § 620 Nrn. 1 und 2, § 621 Abs. 1 Nrn. 1 und 2

 

Verfahrensgang

AG Germersheim (Aktenzeichen F 185/00)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das – gem. § 128 Abs. 4 S. 1 BRAGO zulässige – Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Rechtspfleger des FamG hat zu Recht davon abgesehen, hinsichtlich der am 5.6.2000 gerichtlich protokollierten (vorläufigen) Vereinbarung der beteiligten Eltern über das Umgangsrecht der Antragsgegnerin und Mutter mit der gemeinsamen Tochter eine Vergleichsgebühr i.S.v. § 23 BRAGO gegen die Landeskasse festzusetzen.

Für die Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Regelung des Umgangsrechts kann zwar grundsätzlich die Vergleichsgebühr des § 23 BRAGO anfallen (vgl. OLG Zweibrücken JurBüro 1996, 419; JurBüro 1997, 633); die Festsetzung dieser Gebühr gem. den §§ 121 f. BRAGO ggü. der Landeskasse scheitert hier jedoch daran, dass der Antragsgegnerin mit Beschluss des FamG vom 31.7.2000 Prozesskostenhilfe nur für das – selbstständige – Verfahren betreffend die Regelung der elterlichen Sorge bewilligt worden war.

Gemäß § 122 Abs. 1 BRAGO bestimmt sich der Anspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist.

Der Antragsteller hatte mit Schriftsatz vom 17.5.2000 ein selbstständiges Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur vorläufigen und endgültigen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die gemeinsame Tochter angestrengt. Im Verfahren zur vorläufigen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts schlossen die beteiligten Eltern am 5.6.2000 einen sog. Teilvergleich über den Umgang der Antragsgegnerin und Mutter mit der gemeinsamen Tochter. Mit Schriftsatz vom 25.7.2000 stellte die Antragsgegnerin sodann den gegenläufigen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge für das Kind auf sich. Mit Beschluss vom 31.7.2000 bewilligte das FamG der Antragsgegnerin sodann mit Rückwirkung auf den 2.6.2000 entsprechend deren Antrag vom selben Tag Prozesskostenhilfe für das elterliche Sorgeverfahren einschließlich des (entsprechenden) vorläufigen Anordnungsverfahrens.

Der Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung erstreckte sich somit ausschließlich auf das Verfahren zur Regelung der elterlichen Sorge; er umfasste dagegen nicht die – nicht rechtshängige – Angelegenheit des Umgangs der Mutter mit dem Kind.

Verfahren betreffend die elterliche Sorge für ein Kind sowie Verfahren über die Regelung des Umgangs mit einem Kind sind – dies besagen schon die Bestimmungen der §§ 23b Abs. 1 Nrn. 2 und 3 GVG, 620 Nrn. 1 und 2 und 621 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ZPO – gesonderte Verfahrensgegenstände. Für eine Vereinbarung über die Umgangsregelung ist daher eine gesonderte Bewilligung der Prozesskostenhilfe sowie die Beiordnung des Rechtsanwalts erforderlich (im Anschluss an OLG Nürnberg JurBüro 1986, 1533).

Der gegenteiligen Auffassung, die das Umgangsrecht eines Elternteils mit dem Kind als (Rest-)Bestandteil des Personensorgerechts begreift und in Anlehnung an die Bestimmung des § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO eine gesonderte Bewilligung der Prozesskostenhilfe für einen Vergleich über das Umgangsrecht nicht für erforderlich hält (vgl. hierzu von Eicken in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 122 BRAGO Rz. 40 m.w.N. aus der Rspr.), vermag der Senat dagegen nicht zu folgen.

Zum einen ist schon der materiell-rechtliche Ansatzpunkt des sog. „Restbestandteils” rechtsmethodisch in Zweifel zu ziehen, weil sich auf der Elternebene die Personensorge und das Umgangsrecht i.S.v. § 1684 BGB als selbstständige, sich gegenseitig beschränkende Rechte gegenüberstehen (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl., § 1684 BGB Rz. 7 m.w.N.); zum anderen betrifft die Bestimmung des § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO ausschließlich die prozessuale Besonderheit der Ehesache und bedarf schon innerhalb dieses eingeschränkten Anwendungsbereichs aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit einer restriktiven Auslegung (vgl. hierzu Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 122 BRAGO Rz. 39 m.w.N.). Für eine erweiternde Anwendung dieser Bestimmung auf selbstständige Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit besteht daher – erst recht – kein Raum.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 BRAGO). Die Festsetzung eines Beschwerdewertes erübrigt sich daher.

Morge...

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