Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung einer sofortiger Beschwerde bei öffentlicher Zustellung

 

Leitsatz (amtlich)

Im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren sind an die Bewilligung der öffentlichen Bekanntmachung (öffentlichen Zustellung) der Klageschrift durch das Gericht strenge Anforderungen zu stellen.

Dies ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs für den Zustellungsadressaten und im Übrigen auch deshalb geboten, weil eine erkennbar fehlerhafte öffentliche Zustellung keine Fristen in Lauf setzt und zudem keine Hemmung der Verjährung des eingeklagten Anspruchs bewirkt.

 

Normenkette

ZPO § 185 Nr. 1; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 02.11.2017; Aktenzeichen 6 O 291/17)

 

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Der Kläger will den Beklagten auf Rückzahlung eines im Jahr 2015 gewährten Privatdarlehens in Höhe von 42.000,00 EUR nebst Zinsen in Anspruch nehmen. Mit der Behauptung, der Beklagte unterhalte zwischenzeitlich keinen inländischen Wohnsitz mehr und sei nach Auskunft der Meldebehörde seines letzten Wohnortes in Deutschland nach San José, Costa Rica, verzogen, eine ladungsfähige Anschrift dort habe er trotz Nachforschung bei den Eltern des Beklagten nicht in Erfahrung bringen können, hat der Kläger die öffentliche Zustellung der Klageschrift vom 24.02.2017 nach § 185 ZPO beantragt. Dieses Begehren hat die Erstrichterin abgelehnt, weil der Kläger (noch) nicht alle ihm zumutbaren Nachforschungen entfaltet habe, um den Aufenthaltsort des Beklagten zu ermitteln. Mit seiner Beschwerde dagegen verfolgt der Kläger weiterhin das Ziel der öffentlichen Bekanntmachung der Klage.

II. Das Rechtsmittel ist nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, wahrt die gesetzliche Form und Frist (§ 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) und ist auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei.

In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Die Erstrichterin hat zu Recht und mit zutreffender Begründung dahin entschieden, dass der Kläger noch nicht hinreichend dargetan und nachgewiesen hat, dass er das Erforderliche und ihm Mögliche zur Ermittlung des unbekannten Aufenthalts des Beklagten als Zustellungsadressaten getan hat. Die Voraussetzungen für die begehrte Bewilligung einer öffentlichen Zustellung der Klage liegen deshalb derzeit nicht vor.

1. Nach § 185 Nr. 1 ZPO kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Unbekannt ist der Aufenthalt einer Person nur dann, wenn nicht nur das Gericht, sondern auch die Allgemeinheit den Aufenthalt des Zustellungsadressaten nicht kennt. Dabei ist es zunächst Sache der Partei, die durch die Zustellung begünstigt wird, alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anzustellen, um den Aufenthalt des Zustellungsempfängers zu ermitteln und ihre ergebnislosen Bemühungen gegenüber dem Gericht darzulegen. Dies gilt auch dann, wenn die Zustellung - wie bei einer Zivilklage (§§ 166 Abs. 2, 271 Abs. 1 ZPO) - von Amts wegen vorzunehmen ist. Wegen der besonderen Bedeutung der Zustellung für die Wahrung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sind dabei an die Feststellung, dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung vorliegen, im Erkenntnisverfahren hohe Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 04.07.2012, XII ZR 94/10, Rdnrn. 16 ff, in juris; Urteil vom 06.12.2012, VII ZR 74/12, Rdnrn. 16 ff, in juris, jeweils m.w.N.).

2. Daran gemessen durfte es der Kläger hier nicht mit der Nachfrage bei dem für die letzte Meldeadresse des Beklagten in Deutschland zuständigen Einwohnermeldeamt und mit der ergebnislosen persönlichen Befragung der Eltern des Beklagten nach dessen genauem Aufenthaltsort in Costa Rica bewenden lassen. Es genügt auch nicht, dass der Kläger über die ihm bekannte E-Mail-Adresse des Beklagten diesem durch seinen anwaltlichen Vertreter am 09.05.2017 eine Kopie der Klageschrift mit der Aufforderung zur Kontaktaufnahme und zur Bezahlung der Klageforderung hat übermitteln lassen. Denn der Umstand, dass die bloße nochmalige Zahlungsaufforderung in der E-Mail vom 09.05.2017 unbeantwortet geblieben ist, rechtfertigt nicht zugleich den Schluss, dass sich der Beklagte auch auf eine elektronische Aufforderung zur Offenbarung seiner postalischen Erreichbarkeit mit ausdrücklicher Ankündigung der widrigenfalls beabsichtigten Beantragung der öffentlichen Klagezustellung zu seiner ladungsfähigen Adresse verschwiegen hätte; dagegen spricht mit Gewicht das Risiko des für den Beklagten drohenden endgültigen Rechtsverlusts im Falle einer rechtswirksamen öffentlichen Zustellung.

3. Nach Aktenlage stehen dem Kläger durchaus noch weitere geeignete Maßnahmen zur Ermittlung des Aufenthaltes des Beklagten zur Verfügung, die er bislang nicht genutzt hat:

a) So ist schon nicht ersichtlich, dass sich der Kläger erge...

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