Leitsatz (amtlich)

Bei einem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren muss der Kläger dann, wenn er für den Fall eines Anerkenntnisses die Kostenfolge des § 93 ZPO vermeiden will, den Beklagten grundsätzlich durch ein Abschlussschreiben abmahnen, ehe er Hauptsacheklage erhebt. Dazu genügt die Aufforderung, den durch die einstweilige Verfügung festgelegten Sachverhalt „als Hauptsacheentscheidung" anzuerkennen. Eine ausdrückliche Klageandrohung und Fristsetzung sind nicht erforderlich.

 

Normenkette

ZPO §§ 93, 99, 924, 926-927; UWG §§ 1, 3, 13

 

Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen HK O 91/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Tenor des vorgenannten Urteils in Nr. 2. (Kostenentscheidung) dahin geändert, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin hat gegen die Beklagte beim LG Landau in der Pfalz eine einstweilige Verfügung erwirkt (Az. HK O 79/01), durch die der Beklagten verboten worden ist, mit bestimmten Angaben für eine Laser-Wasserwaage zu werben. Danach forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 28.8.2001 auf, „den durch die einstweilige Verfügung festgelegten Sachverhalt als endgültige Entscheidung zu akzeptieren” und eine beigefügte Erklärung zu unterschreiben. Mit am 23.10.2001 beim LG Landau in der Pfalz eingegangenem Schriftsatz, der der Beklagten am 5.12.2001 zugestellt worden ist, hat die Klägerin Klage in der Hauptsache auf Unterlassung der Werbeangaben erhoben. Die Beklagte hat den Anspruch im schriftlichen Vorverfahren anerkannt. Durch das am 5.2.2002 ergangene Anerkenntnisurteil hat die Kammer für Handelssachen des LG Landau in der Pfalz die Kosten des Rechtsstreits gem. § 93 ZPO der Klägerin auferlegt. Mit ihrer dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde macht die Klägerin geltend, dass kein sofortiges Anerkenntnis vorliege, weil sie die Beklagte vor Klageerhebung abgemahnt habe.

Die gem. § 99 Abs. 2 ZPO n.F. zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin führt zum Erfolg. Zu Unrecht hat das LG der Klägerin gem. § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten Anlass zur Erhebung der Hauptsacheklage gegeben.

Anlass zur Klageerhebung i.S.v. § 93 ZPO gibt eine Partei dann, wenn ihr vorangegangenes Verhalten den Kläger bei vernünftiger Würdigung zu dem Schluss berechtigt, er werde ohne Klageerhebung nicht zu seinem Recht kommen. Dabei ist die Frage der Klageveranlassung aus der Sicht des Klägers zu beurteilen. Bei einem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren in Wettbewerbssachen, das zum Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Antragsgegner geführt hat, darf der Antragsteller vor Erhebung der Klage zur Hauptsache grundsätzlich annehmen, dass der Antragsgegner die einstweilige Verfügung nicht als endgültig hinnehmen wird. Der Antragsteller muss aber vor der Erhebung einer mit der einstweiligen Verfügung gleich lautenden Klage zur Hauptsache zur Vermeidung des Kostenrisikos aus § 93 ZPO durch Anfrage beim Gegner klären, ob dieser auf Widerspruch und Fristsetzung zur Erhebung der Klage zur Hauptsache ggü. der einstweiligen Verfügung verzichtet. Das gilt auch dann, wenn eine vor Einreichung des Verfügungsantrags erfolgte Abmahnung fruchtlos geblieben ist (vgl. zu allem OLG Düsseldorf v. 30.5.1983 – 2 W 41/83, WRP 1983, 568; OLG Stuttgart v. 9.2.1996 – 2 W 57/95, WRP 1996, 477). Der Verletzte muss deshalb den Verletzer nach einem abgeschlossenen Eilverfahren grundsätzlich durch ein sog. „Abschlussschreiben” abmahnen, ehe er Hauptsacheklage erhebt (Allgemeine Meinung vgl. OLG Düsseldorf v. 30.5.1983 – 2 W 41/83, WRP 1983, 568; WRP Düsseldorf 1979, 862; OLG Frankfurt JurBüro 1982, 1084; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 25 UWG Rz. 102 m.w.N.).

Eine solches Abschlussschreiben ist hier erfolgt. Die Klägerin hat die Beklagte am 28.8.2001 darauf hingewiesen, dass die zuvor ergangene einstweilige Verfügung nur einen vorläufigen Rechtszustand herstellte, und aufgefordert, entsprechend einem beigefügten Erklärungsentwurf den durch die einstweilige Verfügung festgelegten Sachverhalt „als Hauptsachentscheidung” anzuerkennen.

Das genügte.

Entgegen der Auffassung des LG und der Beklagten ist es unschädlich, dass das Schreiben keine ausdrückliche Klageandrohung noch eine Fristsetzung enthielt. Beides stellt den Charakter der Aufforderung als „Abschlussschreiben” nicht in Frage.

Allerdings ist umstritten, ob insoweit eine Klageandrohung erforderlich ist, um den Verletzer zu warnen (vgl. zum Meinungsstand Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 25 UWG Rz. 102). Ein „Abschlussschreiben” hat den Zweck, den Verletzten durch einen Verzicht des Verletzers auf mögliche Rechtsbehelfe gegen die einstweilige Verfügung klaglos zu stellen und damit ein Ergebnis zu erzielen, wie es nur mit dem Hauptprozess erreicht werden kann. Es hat z...

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