Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhalt für die Vergangenheit

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anwendungsbereich der Regelung in § 1585b Abs. 3 BGB, nach der Unterhalt für einen mehr als einem Jahr vor Rechtshängigkeit liegenden Zeitraum nur bei absichtlichem Entziehen von der Leistungspflicht verlangt werden kann, ist nicht auf den Zeitpunkt der Einreichung eines Verfahrenskostenhilfegesuchs zu erstrecken.

 

Normenkette

BGB § 1585b Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Rockenhausen (Beschluss vom 16.10.2015; Aktenzeichen 2 F 119/13)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Rockenhausen vom 16.10.2015 teilweise geändert und insgesamt neugefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für die Zeit vom 26.2.2013 bis zum 31.12.2014 nachehelichen Unterhalt in Höhe von 5.060,78 EUR (davon 4.181,46 EUR Elementarunterhalt und 879,32 EUR Altersvorsorgeunterhalt) zu zahlen.

Im Übrigen werden die Unterhaltsanträge der Antragstellerin abgewiesen.

2. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Antragstellerin 7/10 und Antragsgegner 3/10 zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Gegenstandswert für das erstinstanzliche Verfahren wird bis zur teilweisen Antragsrücknahme mit Schriftsatz vom 26.6.2015 auf 10.936,34 EUR und für die Zeit danach auf 8.462,90 EUR festgesetzt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren auf 8.281,00 EUR festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

6. Der Antragstellerin wird zur Verteidigung gegen die Beschwerde des Antragsgegners Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Zur Wahrnehmung ihrer Rechte wird ihr die von ihr ausgewählte Rechtsanwältin P., beigeordnet.

Die Antragstellerin hat auf die Verfahrenskosten Monatsraten in Höhe von 206,00 EUR, beginnend ab dem 1.4.2016 zu zahlen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung nachehelichen Unterhalts.

Sie haben am 15.5.1997 geheiratet und sich im August 2008 getrennt. Ihre Ehe ist seit 2.12.2011 rechtskräftig geschieden. Die Beteiligten haben zwei gemeinsame Kinder. M., geboren am 17.2.2001, lebt seit der Trennung der Eltern durchgängig bei der Antragstellerin. J., geboren am 29.9.1997, wechselte im Mai 2011 in den Haushalt des Vaters, Mitte Dezember 2013 kehrte er zur Mutter zurück, vom 31.1.2014 bis zu seiner Volljährigkeit lebte er in einer Pflegefamilie. Unterhaltsansprüche des Jugendlichen gegenüber seinen Eltern für die Zeit seiner Fremdunterbringung hat das zuständige Jugendamt, das Hilfe zur Erziehung leistete, auf sich übergeleitet.

Die Antragstellerin hatte bereits vor der Eheschließung aus gesundheitlichen Gründen ihren erlernten Beruf einer Restaurantfachfrau aufgegeben und auf den Beruf einer Bauzeichnerin umgeschult. Nach Beendigung der Umschulung im Sommer 1996 war sie etwa ein halbes Jahr in diesem Beruf tätig; das Arbeitsverhältnis endete auf Grund betriebsbedingter Kündigung etwa drei Monate vor der Eheschließung. Während des Zusammenlebens der Beteiligten war die Antragstellerin nicht erwerbstätig. Nach der Trennung hat sie zunächst verschiedene teilschichtige Tätigkeiten ausgeübt. Seit Mai 2012 ist sie vollschichtig in der Bäderabteilung der Verbandsgemeinde Rockenhausen angestellt.

Der Antragsgegner arbeitet bei der Firma Keiper im Rockenhausen. Er bewohnt ein in seinem Alleineigentum stehendes Anwesen in Ruppertsecken.

Die Antragstellerin hat (zuletzt) beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie nachehelichen Unterhalt in Höhe von

  • monatlich 60,00 EUR Altersvorsorge- und 327,00 EUR Elementarunterhalt für die Monate März bis November 2013,
  • 59,00 EUR Altersvorsorge- und 246,00 EUR Elementarunterhalt für Dezember 2013,
  • 10,00 EUR Altersvorsorge- und 43,00 EUR Elementarunterhalt für Januar 2014,
  • monatlich 42,00 EUR Altersvorsorge- und 177,00 EUR Elementarunterhalt ab Februar 2014 und
  • 681,64 EUR Altersvorsorge- und 3.502,26 EUR Elementarunterhalt für die Monate Mai 2012 bis Februar 2013

zu zahlen.

Der Antragsgegner hat Antragsabweisung beantragt.

Das Familiengericht, auf dessen Entscheidung zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstands erster Instanz sowie wegen der Gründe Bezug genommen wird, hat den Antragsgegner zur Zahlung von Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt für die Zeit von Mai 2012 bis einschließlich Dezember 2014 verpflichtet. Zuerkannt wurden für Mai 2012 bis Februar 2013 insgesamt 3.166,00 EUR Elementar- und 682,00 EUR Altersvorsogeunterhalt, für März 2013 bis Januar 2014 jeweils die von der Antragstellerin verlangten Unterhaltsbeträge und für Februar bis Dezember 2014 monatlich 163,00 EUR Elementar- und 39,00 EUR Altersvorsorgeunterhalt.

Der Antragsgegner schulde der Antragstellerin befristet bis zum 31.12.2014 Aufstockungsunterhalt. Der Unterhaltsanspruch bemesse sich nach den jeweils um die Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen bereinigten Einkünften der Beteiligten im Unterhaltszeitraum. Abzuzi...

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