Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenregelung: Vergleichsweise Kostenübernahme durch eine Partei, der zuvor Prozesskostenhilfe bewilligt worden war

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung in § 31 Abs. 3 Satz 1 GKG findet auch bei einer vergleichweisen Übernahme der Kosten des Rechtsstreits durch die Parteien ausnahmsweise Anwendung, wenn es sich um einen vom Gericht selbst vorgeschlagenen Vergleich mit Kostenregelung handelt und in einem Gerichtsprotokoll zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Ergebnis der vergleichsweisen Regelung der Sach- und Rechtslage entspricht.

 

Normenkette

GKG § 31 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 72 F 206/06)

 

Tenor

I. Auf die Erinnerung des Antragstellers wird die Kostenrechnung vom 5.1.2010 (KaZ/ReZ: 05103 ...) aufgehoben und der Kostenbeamte angewiesen, den Antragsteller nicht als Zweitschuldner für die von der der mittellosen Antragsgegnerin geschuldeten Gerichtskosten in Anspruch zu nehmen.

II. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

 

Gründe

Die gem. § 66 Abs. 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung des Antragstellers gegen den Kostenansatz für das Berufungsverfahren führt in der Sache insoweit zum Erfolg, als eine Haftung des Antragstellers als Zweitschuldner für die Gerichtskosten gem. § 31 Abs. 3 GKG nicht gegeben ist, da die Regelung der Kostenaufhebung einem ausdrücklich vom Berufungsgericht vorgeschlagenen Vergleich unter Einbezug der Erfolgsaussichten des Berufungsverfahrens anhand der Sach- und Rechtslage entsprach.

Gemäß § 31 Abs. 3 GKG darf bei Mittellosigkeit des Entscheidungsschuldners die nichtarme Partei als Zweitschuldnerin nicht in Anspruch genommen werden, wenn der mittellosen Partei durch eine gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind (§ 29 Nr. 1 GKG).

Diese Vergünstigung des § 31 Abs. 3 GKG gilt grundsätzlich nicht, wenn die mittellose Partei in einem Vergleich Kosten nach § 29 Nr. 2 GKG übernommen hat. Der Grund hierfür ist, dass Manipulationen zu Lasten der Staatskasse verhindert werden sollen (so Meyer Gerichtskosten der streitigen Gerichtsbarkeiten und des Familienverfahrens, 11. Aufl., § 31 Rz. 29 und 30).

§ 31 Abs. 3 GKG findet jedoch dann ausnahmsweise Anwendung, wenn es sich um einen vom Gericht selbst vorgeschlagenen Vergleich mit Kostenregelung handelt und in einem Gerichtsprotokoll zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Ergebnis der vergleichsweisen Regelung der Sach- und Rechtslage entspricht.

Dann ist auch für den Kostenbeamten klargestellt, dass die in einem Vergleich enthaltene materielle Kostenregelung des Bedürftigen nicht als Missbrauch zu Lasten der Staatskasse angesehen werden kann (so Meyer, a.a.O., Rz. 31 m.w.N.).

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 28.6.2000 (NJW 2000, 3271) lediglich ausgeführt, dass die Beendigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen Vergleich die Gefahr der Manipulation der Prozessparteien hinsichtlich der Gerichtskosten zu Lasten der Staatskasse in sich bergen kann.

Vorliegend hat der Senat mit Beschluss vom 7.10.2009 folgenden Vergleichsvorschlag unterbreitet, der auch die Möglichkeit einer gem. § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht fristgebundenen Einlegung einer Anschlussberufung durch die Antragsgegnerin mit einbezogen hat:

I. Unter Bezugnahme auf die im hiesigen Verfahren und im Parallelverfahren 5 UF 148/08 gewechselten Schriftsätze zu den gerichtlichen Vergleichsvorschlägen vom 21.7.2009 und 14.9.2009 schlägt der Senat den Parteien zur Vermeidung einer umfangreichen weiteren Beweisaufnahme mit einer ggf. langen Verfahrensdauer (ggf. durch Einholung von weiteren Sachverständigengutachten zur Höhe des Einkommens des Antragstellers aus seiner selbständigen Tätigkeit und zur krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit der Antragsgegnerin) nachfolgende Einigung vor.

Durch die vorgeschlagene Einigung zahlt der Antragsteller möglicherweise für den Zeitraum bis zum 31.12.2010 der Höhe nach teilweise mehr nachehelichen Unterhalt als geschuldet, jedoch ist die Frage einer Befristung und Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts damit abschließend geklärt.

(1) Der Antragsteller verpflichtet sich, zur Vermeidung einer aufwendigen und zeitintensiven weiteren Beweisaufnahme seine Berufung gegen Ziff. III. des Endurteils des AG - Familiengericht - Speyer vom 2.10.2008 zurückzunehmen.

(2) Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Da das Erstgericht nach vorläufiger Bewertung des Senats im Verbundurteil vom 2.10.2008 der Antragsgegnerin für den Zeitraum von der Rechtskraft der Scheidung am 7.3.2009 bis zum 31.12.2010 einen zu hohen Nachscheidungsunterhalt i.H.v. monatlich 637 EUR zugesprochen hat, hätte diese voraussichtlich auch bei streitiger Entscheidung die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen gehabt.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2381911

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