Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung. Vermächtnis

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Annahme eines Vermächtnisses kann auch durch schlüssiges Verhalten gegenüber dem Erben erklärt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 1939, 2180

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 27.02.1996; Aktenzeichen 19 O 334/95)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 27. Februar 1996 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart – 19 O 334/95 – wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 55.000,– DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

4. Die Beschwer des Beklagten beträgt 1,8 Millionen DM

Berufungsstreitwert: 1,8 Millionen DM

 

Tatbestand

Die Kläger begehren Feststellung, daß der Beklagte als Miterbe neben dem Zeugen H. R. zur Herausgabe aufgrund eines den Klägern zustehenden Vermächtnisses verpflichtet ist.

Der am 21. Januar 1964 verstorbene Dr. jur. h.c. K. L. wurde aufgrund des am 16.12.1959 von ihm errichteten Testaments zu einem Viertel von seiner Ehefrau M. L. und zu jeweils 3/8 von seinen beiden Kindern, der Klägerin Ziff. 1 und Herrn J. L. beerbt. In § 4 des Testaments vom 16.12.1959 war zudem angeordnet: „Stirbt eines meiner in § 1 eingesetzten Kinder nach dem Anfall der Erbschaft ohne Hinterlassung von Abkömmlingen, so hat es – bzw. seine Erben – den väterlichen Erbteil ohne die zwischenzeitlichen Erträgnisse an das andere in § 1 genannte Kind bzw. an dessen Abkömmlinge als Vermächtnis herauszugeben. Das als Vermächtnisnehmer in Frage kommende Kind – bzw. dessen Abkömmlinge – kann demgemäß die Herausgabe der dem verstorbenen Kind von mir zugefallenen Erbschaft, soweit dieses Vermögen bei seinem Tod noch vorhanden ist, als Vermächtnis verlangen”. Am 18. Juli 1993 verstarb der Bruder der Klägerin Ziff. 2, Herr J. L. kinderlos. In seinem Testament vom 09. August 1979 hatte er als Erben jeweils zur Hälfte den Beklagten und den Zeugen H. R. eingesetzt. Diese haben die Erbschaft angenommen. Der Umfang der Erbschaft und damit letztlich auch des Vermächtnisses ist zwischen den Parteien im einzelnen streitig. Aufgrund notariell beurkundeten Ehevertrags vom 10. Juli 1956 leben die Kläger im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 02. November 1964 hatte die Klägerin Ziff. 2 dem Kläger Ziff. 1 Generalvollmacht dahingehend erteilt, sie in allen Vermögens- und Rechtsangelegenheiten zu vertreten. Mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 13. September 1993 widerrief die Klägerin Ziff. 2 diese Generalvollmacht und schlug das ihr durch den Tod des Herrn J. L. angefallene Vermächtnis gegenüber den Beschwerten, dem Beklagten und dem Zeugen H. R. aus.

Die Kläger haben vorgetragen, die Klägerin Ziff. 2 habe das Vermächtnis unmittelbar nach dem Ableben ihres Bruders gegenüber dessen Erben angenommen. Sie habe zusammen mit dem Kläger Ziff. 1 sowie den Erben des J. L. Überlegungen angestellt, wie die Erbschaftssteuer aufgebracht werden könne. Auch hätten sie klar zum Ausdruck gebracht gegenüber den Erben des J. L., daß das Vermögen des Erblassers J. L., soweit es von Dr. jur. h.c. K. L. vererbt sei, nunmehr zum Vermögen der Kläger gehören solle.

Im September 1993 hätten der Beklagte und der Zeuge H. R. die Klägerin Ziff. 2 in unlauterer Weise zu der Ausschlagungserklärung veranlaßt.

Die Kläger haben beantragt,

festzustellen, daß den Klägern gegenüber dem Beklagten und Herrn H. R. als Miterben des am 18.07.1993 verstorbenen Herrn J. L. ein Vermächtnisanspruch auf Herausgabe von 3/8 des Nachlasses des am 21.01.1964 verstorbenen Fabrikanten Dr. jur. h.c. K. L. zusteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, für eine Feststellungsklage fehle es bereits am Feststellungsinteresse. Im übrigen habe die Klägerin Ziff. 2 die Erbschaft wirksam ausgeschlagen. Sie habe das Vermächtnis nicht angenommen. Mitursächlich für die Ausschlagung seien zwar erbschaftssteuerliche Gesichtspunkte gewesen, Hauptgrund sei jedoch gewesen, das Familienvermögen in der Familie zu halten.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen H. R.. Wegen des Inhalts der Aussage des Zeugen R. wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 16.01.1996 (Bl. 145 ff. d.A.). Das Landgericht hat den Beklagten durch ein am 27. Februar 1996 verkündetes Urteil – 19 O 334/95 – antragsgemäß verurteilt. Gegen das ihm am 07. März 1996 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03. April 1996 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 03. Juni 1996 am 31. Mai 1996 begründet.

Der Beklagte trägt vor:

Die Kläger hätten das Vermächtnis nicht angenommen. Sie hätten der Klägerin Ziff. 2 durch Vermächtnis zugewandte Gegenstände weder in Besitz genommen noch von den Erben herausverlangt. Auch fehle es an sonstigen Äußerungen gegenüber dem Beklagten, die zum Ausdru...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge