Entscheidungsstichwort (Thema)

Kommanditistenhaftung: Rückforderung nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Ausschüttungen durch Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Darlegung von Gläubigerforderungen, für die der beklagte Kommanditist nach §§ 171, 172 HGB haftet, genügt es im Ausgangspunkt, wenn der Insolvenzverwalter eine Tabelle vorlegt, die er aus seiner Software erzeugt hat und die wiedergibt, in welchem Umfang die angemeldeten Forderungen im Prüfungstermin festgestellt worden sind.

2. Die Kommanditistenhaftung erstreckt sich im Grundsatz auch auf Forderungen, die für den Ausfall festgestellt sind.

3. Zur Frage, inwieweit der beklagte Kommanditist Einwendungen gegen Gläubigerforderungen oder deren ordnungsgemäße Anmeldung im Insolvenzverfahren geltend machen kann, wenn die Forderungen mit Rechtskraftwirkung festgestellt sind.

4. Die Anzeige von Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) steht der Geltendmachung von Gläubigerforderungen durch den Insolvenzverwalter nach § 171 Abs. 2 HGB nicht entgegen.

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 10.08.2018 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.708,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.3.2017 zu bezahlen.

2. Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. In Ansehung der Entscheidung über die Berufung des Klägers wird die Revision zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 21.679 EUR

 

Gründe

I Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. Nr. 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin) Ansprüche auf Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen gegenüber dem Beklagten als Kommanditisten der Schuldnerin geltend.

Die Schuldnerin wurde am 27.12.2001 gegründet. Sie betrieb den Öl- und Chemikalientanker MT "L.". Der Erwerb des Schiffes, das inzwischen veräußert ist, wurde durch ein Schiffshypothekendarlehen bei der H Bank AG in Höhe von 16,2 Mio US-$ und durch Einlagen von Kommanditisten finanziert. Die Bilanzen der Schuldnerin wiesen seit der Gründung der Schuldnerin bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens stets nicht durch Vermögenseinlagen gedeckte Verlustanteile der Kommanditisten auf.

Am 16.10.2013 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Mit Beschluss vom 5.12.2013 wurden das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Im Insolvenzverfahren meldeten zunächst 68 Gläubiger Insolvenzforderungen in einer Gesamthöhe von 6.319.107,83 EUR zur Tabelle an. Zu den Einzelheiten wird auf die als Anlage K 2 vorgelegte Tabelle (GA I 9 ff.) verwiesen. Bei angemeldeten Forderungen in einer Gesamthöhe von 2.485.457,75 EUR handelte es sich um Forderungen stiller Gesellschafter. Diese hatten in den Verträgen über die Errichtung einer stillen Gesellschaft jeweils für den Fall, dass in der Liquidation der Erlös nicht zur Begleichung ihrer Rückzahlungsansprüche ausreiche, auf die Inanspruchnahme der Kommanditisten verzichtet. Die H Bank, deren angemeldete Forderungen bislang in Höhe von 1.881.800,50 EUR für den Ausfall festgestellt wurden, hat noch keine Schlussabrechnung vorgelegt.

Am 4.3.2014 wurde im Insolvenzverfahren ein Prüftermin durchgeführt. Nach dem Termin wurden weitere Forderungen angemeldet, eine Prüfung dieser weiteren Forderungen ist bislang noch nicht erfolgt. Am 8.4.2016 zeigte der Kläger Masseunzulänglichkeit an. Am 8.7.2019 befand sich ein Guthaben von 1.168.988,05 EUR auf dem Insolvenzanderkonto.

Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten an sämtliche Kommanditisten Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 1.391.085,52 EUR. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nahm der Kläger sämtliche Kommanditisten auf Rückzahlung der Einlagen in Anspruch. Bislang hat der Kläger bereits einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.016.794,72 EUR von den Kommanditisten eingezogen.

Der Beklagte beteiligte sich an der Schuldnerin mit einer Einlage von 100.000 EUR als Kommanditist und wurde entsprechend im Handelsregister eingetragen. In den Jahren 2003 bis 2007 erhielt der Beklagte Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 24.708,33 EUR. Im Rahmen eines Sanierungsverfahrens zahlte er 5.000 EUR an die Insolvenzschuldnerin. Am Prüftermin im Insolvenzverfahren nahm er nicht teil.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 10.8.2018 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage sei zulässig, insbesondere sei der Kläger prozessführungsbefugt, die Klage sei hinreichend bestimmt. Jedoch sei die Klage nicht begründet. Offenbleiben könne, ob eine teilweise Rückzahlung der Einlage an den Beklagt...

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