Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufklärungspflicht über Mietwageneigenschaft bei Kauf aus "erster" Hand

 

Normenkette

BGB §§ 123-124, 142-143, 812 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 13.03.2008; Aktenzeichen 3 O 340/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 13.3.2008 (Az. 3 O 340/07) abgeändert und neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.834,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.9.2007 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs VW Passat 1.9 TDI Kombi Trendline, Fahrgestellnummer WWW.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 598,21 EUR vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.11.2007 zu bezahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; außerdem verbleibt es bei der Abweisung der Widerklage.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte/Widerklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Streitwert in beiden Instanzen: 25.000,01 EUR bis 30.000 EUR.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Anfechtung, hilfsweise aus Rücktritt aus dem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen geltend, wobei ein Teil des Kaufpreises durch Inzahlungnahme von zwei Gebrauchtwagen der Klägerin getilgt worden ist.

Wegen Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Urteil des LG Heilbronn Bezug genommen.

Das LG hat die Klage und die Widerklage, wobei letztere nicht Gegenstand des Berufungsverfahren ist, abgewiesen, und zur Begründung ausgeführt, dass die Vorbenutzung des Pkw als Mietwagen keinen Sachmangel darstelle und auch eine Aufklärungspflicht über die Vorbenutzung als Mietwagen nicht bestanden habe. Zumindest wären Mängelansprüche aber deswegen ausgeschlossen, da der Klägerin die Mietwageneigenschaft, die die Beklagte auch nicht arglistig verschwiegen habe, nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei.

Gegen dieses Urteil, der Klägerin zugestellt am 18.3.2008, hat sie am 14.4.2008 Berufung eingelegt und die Berufung am 30.4.2008 begründet.

Sie trägt vor, dass eine Aufklärung über eine Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen durch die Beklagte nicht erfolgt sei. Über eine solche atypische Vorbenutzung bestehe eine Aufklärungspflicht; die atypische Vorbenutzung stelle auch einen Sachmangel des Fahrzeugs dar. Die Mietwageneigenschaft sei ihr auch nicht infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben.

Die Klägerin beantragt,

1. Unter Abänderung des Urteils des LG Heilbronn die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 29.125 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.9.2007 Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs VW Passat 1.9 TDI Kombi Trendline mit der Fahrgestellnummer WWW. abzgl. gezogener Nutzungen zu bezahlen.

2. Unter Abänderung des Urteils des LG Heilbronn festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 27.9.2007 in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.196,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.11.2007 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, wonach eine Aufklärungspflicht über die Vorbenutzung des Pkws als Mietwagen nicht bestanden habe. Im Übrigen sei die Klägerin über die Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen aufgeklärt worden.

Der Senat hat Beweis erhoben zu der Frage, ob eine Aufklärung der Klägerin im Rahmen der Verkaufsverhandlungen über die Nutzung des Fahrzeugs beim Voreigentümer als Mietwagen erfolgt ist, durch Vernehmung der Zeugen R. G., M. L. und D. H.. Wegen Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.7.2008 (Bl. 118-128 d.A.) Bezug genommen.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Urkunden und die Sitzungsprotokolle verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Berufung ist zulässig und weitgehend begründet.

1. Der Klägerin steht aus Arglistanfechtung gem. §§ 123, 124, 143, 142, 812 Abs. 1 S. 1, 818, 816 BGB, die zu einem Ausschluss der vertraglichen Sachmängelansprüche führt (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rz. 1714 i.V.m. Rz. 1535), ein Anspruch i.H.v. 24.834,08 EUR nebst Zinsen zzgl. der Feststellung des Annahmeverzugs (§§ 256, 756 ZPO) zu.

a) Für die Beklagte bestand eine Aufklärungspflicht über die Vorbenutzung des Fahrzeugs als Mietwagen.

Die ausschließliche Vorbenutzung eines Pkw als Mietfahrzeug beim Voreigentümer stellt beim Kauf aus "erster Hand" für ein...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge