Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 17.02.2006; Aktenzeichen 2 O 552/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.10.2008; Aktenzeichen XII ZR 1/07)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 17.2.2006 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass das Urteil in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Kläger berechtigt sind, den Nettomietzins für die von der Beklagten im in ... angemieteten Räumlichkeiten ab 1.3.2005 um 10 % von 7.370,13 EUR auf 6.633,12 EUR zu mindern und diesen reduzierten Mietzins ab 1.12.2005 um 5 % auf 6.301,46 EUR zu mindern; die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die Klage wird, soweit in der Berufung eine Klageerweiterung erfolgt ist, als unzulässig abgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwerte: I. Instanz 51.517,21 EUR

II. Instanz 53.654,55 EUR (Antrag Ziff. 1 8.770,43 EUR, Antrag Ziff. 2 44.884,14 EUR).

 

Gründe

I. Die Kläger als Mieter begehrten gegen die Beklagte als Vermieterin ursprünglich die Feststellung, dass sie ab 1.3.2005 einen um 20 % reduzierten Mietzins schulden. Zu den Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Urteil des LG Heilbronn verwiesen.

Das LG gab der Klage durch Urteil vom 17.2.2006 wegen einer Reduzierung i.H.v. 10 % ab 1.3.2005 aus dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage und i.H.v. 5 % aus dem angepassten Mietzins ab 1.3.2005 aus dem Gesichtspunkt der Minderung statt und wies sie wegen der geltend gemachten weitergehenden Reduzierung ab. Dagegen legte die Beklagte Berufung ein.

Sie trägt vor, die Vermietung eines Teils der Räume an die Agentur für Arbeit zum Betrieb der sog. Hartz-IV-Abteilung, der Suchtberatungsstelle und der Schuldnerberatung rechtfertige auch unter Berücksichtigung des damit verbundenen Publikumsverkehrs und der damit verbundenen Beeinträchtigungen keine Anpassung des Mietzinses wegen Störung der Geschäftsgrundlage. Ein mietrechtlich nicht anerkannter Milieuschutz könne nicht über das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage integriert werden.

Aus dem Urteil sei nicht ersichtlich, was als Geschäftsgrundlage angesehen werde. Eine gemeinsame Vorstellung über die Mieterstruktur habe jedenfalls nicht bestanden. Der Hinweis auf den Spitzen-Mietpreis reiche nicht aus, weil dieser sich in erster Linie auf die Ausstattung der Mieträume und deren Lage beziehe. Der Inhalt angeblich von der Beklagten lancierter Zeitungsartikel könne nicht herangezogen werden. Das Exposeé bedeute keine Bindung der Beklagten an ein bestimmtes Image.

Wenn im Übrigen den Klägern eine Unveränderlichkeit des geschäftlichen Umfeldes so wichtig gewesen wäre, hätten sie auf eine vertragliche Regelung gedrungen. Eine bestimmte Mieterstruktur sei im Mietvertrag nicht vereinbart.

Insgesamt liege unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung keine unzumutbare Äquivalenzstörung vor, weil keine Umsatzeinbuße vorgetragen worden sei und die Mietsache selbst exklusiven Ansprüchen gerecht werde.

Im Übrigen handele es sich bei den reklamierten Missständen um Mängel, die angesichts der Regelung in § 536 BGB nicht zur Begründung der Störung der Geschäftsgrundlage herangezogen werden könnten. Darüber hinaus rechtfertige auch die Summierung der Mängel nicht die Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage.

Darüber hinaus sei eine Minderung nicht gerechtfertigt. Das Codekartensystem sei in Betrieb und funktioniere. Das LG habe keine entsprechenden negativen Feststellungen getroffen. Die Installation dieses Systems bedeute allerdings nicht, dass die Eingangstüren nicht generell geöffnet werden dürften. Dies könne der Vermieter durch seine Ermächtigung zum Erlass einer Hausordnung regeln. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass ein Pförtner vorhanden sei, der die Sicherheit ebenso gut regele, wie es das Zugangskontrollsystem tue.

Im Übrigen sei von einem Einverständnis der Kläger auszugehen. Diese hätten die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Sommer 2004 gebeten, die Eingangstüren während der Stoßzeiten ihres eigenen Publikumsverkehrs offen zu halten. Das LG habe die hierzu benannte Zeugin ... zu Unrecht nicht vernommen. Ihre Rechtsvorgängerin habe diese Anregung aufgegriffen und mit Schreiben vom 22.7.2004 an die Kläger und alle Mitmieter ein entsprechendes Schreiben übersandt, gegen das keine Einwendungen seitens der Mieter erhoben worden seien. Selbst im Termin vor dem LG hätten sich die Kläger nicht gegen die Öffnung der Türen gewandt.

Der Feststellungsantrag sei zumindest für den zurückliegenden Zeitraum unzulässig, weil insoweit Leistungsklage hätte erhoben werden können.

Im Übrigen sei der Feststellungsantrag insoweit unzulässig, als er auf die Störung der Ge...

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