Leitsatz (amtlich)

1. Für die Frage der Anwendbarkeit der HOAI ist nicht maßgeblich, wer Vertragspartner des Architekten ist. Die HOAI knüpft nicht an die Qualifikation der Personen des Vertrags an, sondern an den Leistungsinhalt, so dass nicht maßgeblich ist, ob die zu den Grundleistungen der HOAI gehörenden Leistungen nicht gegenüber einem Bauherrn, sondern gegenüber einer Bauunternehmung zur Angebotserstellung und zur Abwicklung von Bauaufträgen erbracht wurden.

2. Ein rechtsgeschäftlicher Bindungswille zur Beauftragung vergütungspflichtiger Architektenleistungen kann sich aus dem späteren Verhalten des Leistungsempfängers ergeben, wobei vom Grundsatz auszugehen ist, dass jeder Architekt grundsätzlich nur für eine begrenzte Zeit und nur in begrenztem Umfang bereit sein wird, unentgeltlich Leistungen in vertragslosem Zustand für einen Auftraggeber zu erbringen. Eine derartige schlüssige Willensäußerung kann angenommen werden, wenn sich ein Auftraggeber die Leistungen des Architekten zunutze macht.

3. Ergibt sich aus vorgelegten Unterlagen, dass der Kläger in den abgerechneten Bauvorhaben tätig war, genügt ein einfaches Bestreiten der behaupteten Leistungserbringung nicht, sondern ein substantiiertes Bestreiten erfordert dann den Vortrag, wer - wenn nicht der Kläger - diese Leistungen erbracht haben soll.

4. Soweit durch weiter substantiierte Ausführungen und die weitere Vorlage neuer Urkunden neuer Vortrag zur Leistungserbringung erstmals in zweiter Instanz gehalten wird, steht dessen Berücksichtigung § 531 Abs. 2 ZPO nicht entgegen, wenn dieser Vortrag nicht substantiiert bestritten wurde.

5. Wird bei gleichbleibendem Klagantrag und Lebenssachverhalt ein Honoraranspruch einmal auf eine Pauschalhonorarrechnung und einmal auf eine Abrechnung nach HOAI-Mindestsätzen gestützt, liegt keine doppelte Rechtshängigkeit vor, sondern ein einziger Honoraranspruch wird lediglich auf verschiedene Weise rechtlich begründet.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 632 Abs. 1; HOAI § 1; ZPO §§ 138, 531 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Urteil vom 01.03.2017; Aktenzeichen 3 O 264/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 01.03.2017, Az. 3 O 264/16, abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.770,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit 28.2.2015 sowie weitere 984,60 EUR zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.770,61 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht restliche Vergütungsansprüche für im Zusammenhang mit verschiedenen Bauprojekten der Beklagten erbrachte Planungsarbeiten geltend.

Der Kläger unterhält ein Planungsbüro für Bauplanung, die Beklagte eine Bauunternehmung.

Im Zusammenhang mit von der Beklagten abgewickelten Bauvorhaben war der Kläger als freier Mitarbeiter für die Beklagte tätig. Aufgrund behaupteter mündlicher Pauschalpreisabreden hat der Kläger erstinstanzlich für Arbeiten im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben M. mit Rechnung vom 28.01.2015 (K 1) ein Resthonorar von 8.568,00 EUR brutto verlangt. Ebenfalls aufgrund mündlicher Pauschalhonorarvereinbarung hat der Kläger erstinstanzlich außerdem für das Bauvorhaben S. ein Honorar von 595,00 EUR brutto (Rechnung vom 23.06.2013, K 7), für das Bauvorhaben F. ein Honorar von 2.856,00 EUR brutto (Rechnung vom 23.06.2013, K 9), für das Bauvorhaben R. ein Honorar von 2.380,00 EUR brutto (Rechnung vom 23.06.2013, K 13) sowie für das Bauvorhaben G. ein Honorar von 6.371,61 EUR (Rechnung vom 05.12.2014, liegt nicht vor), mithin insgesamt 20.770,61 EUR verlangt.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes 1. Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Rottweil verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei derzeit unbegründet. Aufgrund der vom Kläger erbrachten Leistungen sei der Anwendungsbereich der HOAI eröffnet. Die vom Kläger vorgelegten Rechnungen entsprächen jedoch nicht den Anforderungen der HOAI an eine prüffähige Architektenrechnung. Insoweit seien die Grundsätze der §§ 14, 16 Abs. 1 VOB/B anzuwenden. Die Leistungen seien in der Schlussrechnung übersichtlich aufzustellen, ebenso seien die zugrunde gelegten Berechnungsfaktoren übersichtlich darzustellen, so dass der Auftraggeber die Berechnung nachvollziehen und damit die Berechtigung der Leistung sicher beurteilen könne. Als Mindestbestandteile müsse eine Architektenrechnung hierbei die nach der HOAI notwendigen Vergütungsfaktoren ausweisen. Die Rechnung müsse insgesamt nach dem System der HOAI aufgestellt sein. Diesen Anforderungen genügten die vom Kläger vorgelegten Rechnung...

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