Leitsatz (amtlich)

1. Eine Beweisvereitelung mit der Folge von Beweiserleichterungen bis zur Umkehr der Beweislast liegt vor, wenn dem gerichtlich bestellten Sachverständigen die für die Beantwortung der Beweisthemen erforderliche Besichtigung von Wohnungen durch den Beweisgegner trotz rechtzeitiger Ankündigung des Ortstermins nicht ermöglicht wird und dies vom Beweisgegner nicht unter Angebot eines Nachholtermins rechtzeitig ausreichend entschuldigt wird.

2. Nimmt ein gerichtlich bestellter Sachverständiger im Rahmen seiner Begutachtung eine Maßnahme vor (hier: Analyse der Chlorid-Eindringtiefe in Beton), für die der Besteller bereits einen Kostenvorschuss zur Selbstvornahme eingeklagt hat, tritt insoweit eine Erledigung des Rechtsstreits ein.

 

Normenkette

ZPO § 371 Abs. 3, § § 402 ff., § 91a; BGB § 637 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 28.09.2015; Aktenzeichen 3 O 20/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.09.2015, Az.: 3 O 20/15, über den rechtskräftigen Teil, insbesondere einen Zahlanspruch von 45.605,86 EUR, sowie über das Teilurteil des Senats vom 10.05.2016 (u.a. Kostenvorschussanspruch in Höhe weiterer 58.299,89 EUR) hinaus wie folgt abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 60.501,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 30.09.2014 zu bezahlen.

b) Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 2.975,00 EUR erledigt ist.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Aufwendungen und Schäden wegen folgenden weiteren Mangels am Gebäude ...straße in ... zu ersetzen:

überlange Ausstoßzeit von Warmwasser an den Waschtischen in den Wohnungen jenseits der Erdgeschosswohnung (20).

d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen in erster Instanz die Klägerin zu 1/5, die Beklagte zu 4/5, in zweiter Instanz die Klägerin zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist, soweit es durch das Teilurteil vom 10.05.2016 und dieses Schlussurteil aufrechterhalten bleibt, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 178.953,52 EUR festgesetzt (Antrag 1: 166.953,52 EUR, Antrag 2: 12.000,- EUR).

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Tatbestands wird auf das Teilurteil vom 10.05.2016 verwiesen. Streitgegenständlich sind noch die Mangelbehauptung 20, die Höhe der Mangelbeseitigungskosten hinsichtlich Mangelbehauptung 28 sowie die Architektenkosten für die Mangelbeseitigungsmaßnahmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit sie nicht durch Teilurteil vom 10.05.2016 entschieden ist.

Mit Schriftsatz vom 06.02.2017 hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von 2.975,- EUR für erledigt erklärt, nachdem der Sachverständige Dr.-Ing. S. eine Untersuchung von Bohrkernproben bereits im Rahmen seiner Gutachtertätigkeit unternommen hatte.

Die Klägerin beantragt

1. festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 2.975,00 Euro erledigt ist,

2. die Berufung im Weiteren zurückzuweisen.

Zur Erledigungserklärung der Klägerin hat die Beklagte keine Erklärung abgegeben.

Der Senat hat am 10.05.2016 ein Teilurteil erlassen, das rechtskräftig geworden ist. In der Folge hat er Beweis erhoben durch Einholung zweier Sachverständigengutachten der Sachverständigen H. (hinsichtlich Mangelbehauptung 20) und Dr.-Ing. S. (hinsichtlich Mangelbehauptung 28) und diese mündlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017 verwiesen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb verlängerter Frist fristgerecht begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO. Sie ist - soweit die Sache nach dem Teilurteil noch streitgegenständlich ist - teilweise begründet.

Nach dem Teilurteil gemäß § 301 ZPO sind noch streitgegenständlich der behauptete Mangel 20 einer zu langen Wartezeit für Ausstoß von Warmwasser an den Waschtischen im Bad in sämtlichen Wohnungen außer der Erdgeschosswohnung (1.), die Frage der Höhe der aufzuwendenden Mangelbeseitigungskosten wegen des Mangels 28 der Pfützenbildung und der Risse in der Bodenplatte in der Tiefgarage, insbesondere aufgrund der Frage der Notwendigkeit einer Beschichtung der Bodenplatte im Rahmen der Mangelbeseitigung (2.), sowie nach Feststellung des Gesamtumfangs der Mangelbeseitigungsaufwandes die Höhe der erforderlichen Architektenleistungen für Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung der Mangelbeseitigungsarbeiten (3.). Die Klage is...

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