Leitsatz (amtlich)

1. Zwar vollzieht sich die interne Willensbildung einer Personengesellschaft durch Beschlüsse der Gesellschafter, welche die "Herren der Gesellschaft" sind. Daraus folgt aber jedenfalls in der Kommanditgesellschaft keine umfassende Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung. Soweit die Mitwirkungsrechte der Kommanditisten beschränkt sind, fehlt es grundsätzlich an einer Beschlusskompetenz der - auch die Kommanditisten umfassenden - Gesellschafterversammlung.

2. Beschlüsse, die nur eine bestehende Regelung bestätigen sollen, bedürfen grundsätzlich einer Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung. Auch der bloßen Bestätigung einer bereits bestehenden Regelung kommt ein Regelungsgehalt zu, da in der Bestätigung eines Rechtsgeschäfts zugleich seine erneute Vornahme liegt und ein entsprechender Regelungswille jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn Zweifel an der Wirksamkeit des bestätigten Rechtsgeschäfts bestanden.

 

Normenkette

HGB §§ 119, 141, 164

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Urteil vom 17.04.2008; Aktenzeichen 10 O 187/07)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteils des LG Ellwangen vom 17.4.2008 - 10 O 138/07, wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Der Streitwert der Berufung wird auf 100.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung der M. B. KG ... fabrik mit Sitz in G. (im Folgenden "KG") am 14.7.2007.

I. Die Parteien sind Gesellschafter der KG. An der KG waren am 14.7.2007 die Familienstämme B. und A. wie folgt beteiligt (Bl. 5):

Familienstamm A.

Festkapitalanteil in %

in EUR

Komplementär J.A.

2,5

25.000

Kommanditisten W.A.

12,5

25.000

Dr. A.A.

15,0

150.000

Klägerin

15,0

150.000

Gesamt

45,0

450.000

Familienstamm B.

Komplementär

Beklagter Ziff. 1)

33,2

332.000

Kommanditisten

Beklagte Ziff. 2)

6,5

65.000

Beklagte Ziff. 3)

5,1

51.000

Beklagte Ziff. 4)

5,1

51.000

Beklagte Ziff. 5)

5,1

51.000

Gesamt

55,0

550.000

Die Beteiligungsverhältnisse zum 1.1.2003 ergeben sich aus § 4 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags in der Fassung vom 30.12.2002 (vgl. K2).

1. Mit notariell beurkundetem Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom 31.10.2007 (vgl. K1) übertrug der Komplementär des Familienstamms A. von seinem Kapitalanteil i.H.v. 25.000 EUR einen Teil-Kapitalanteil i.H.v. 10.000 EUR schenkweise auf die Klägerin. Außerdem wechselte er mit dem Vollzug der Schenkung von der Rechtsstellung eines Komplementärs mit einem Kapitalanteil i.H.v. 15.000 EUR in die Stellung eines Kommanditisten; die Klägerin wechselte im Gegenzug mit einem Kapitalanteil i.H.v. 160.000 EUR (150.000+10.000 EUR) in die Rechtsstellung eines Komplementärs.

2. Der Gesellschaftsvertrag der KG in der Fassung vom 30.12.2002 (vgl. K2) bestimmt u.a.:

"§ 9 Vertretung

Ist nur ein persönlich haftender Gesellschafter vorhanden, vertritt dieser die Gesellschaft allein. Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so vertreten diese die Gesellschaft gemeinsam mit einem anderen persönlich haftenden Gesellschafter oder mit einem Prokuristen.

§ 10 Geschäftsführung

(1) Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so steht ihnen die Geschäftsführung nach Maßgabe eines von ihnen aufzustellenden Geschäftsverteilungsplans gemeinsam zu.

(2) Die Geschäftsführer sind verpflichtet, den Gesellschaftern alljährlich einen Investitions- und Finanzierungsplan vorzulegen. Dieser bedarf der Genehmigung, wenn Investitionen über 10 % der Abschreibungen des Vorjahres liegen.

(3) Für alle außergewöhnlichen und wichtigen Rechtsgeschäfte und sonstigen Geschäftsführungsmaßnahmen ist ein Gesellschafterbeschluss herbeizuführen. Dies gilt insbesondere für

a) die Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens im Ganzen oder eines Teilbereichs oder die Verlegung des Betriebs im Ganzen oder zu einem Teil;

b) zur Aufgabe des Geschäfts im Ganzen oder eines Teilbetriebs;

c) zur Aufnahme von Darlehen, sofern durch die Darlehensaufnahme die Gesamtverbindlichkeiten (ohne Darlehen der Gesellschafter) das halbe Umlaufvermögen übersteigen;

d) zur Übernahme von Bürgschaften der Gesellschaft;

e) zu Verträgen mit Familienangehörigen mit einer Dauerwirkung von mehr als 1 Jahr;

f) zum Erwerb, zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken;

g) zur wesentlichen Beteiligung an anderen Unternehmen (über 10 %);

h) zur Errichtung oder Aufhebung von Zweiniederlassungen;

i) zur Erteilung von Prokuren ...

§ 11 Tätigkeit der Gesellschafter, Wettbewerbsverbot

(1) Die persönlich haftenden Gesellschafter sind verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen ...

(5) Solange die Herren K. B. und J. A. Geschäftsführer sind, liegt es in ihrem freien Ermessen, inwieweit sie der Ges...

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