Leitsatz (amtlich)

Ein strafbewehrtes Unterlassungsversprechen, dessen Wortlaut aufgrund damaligen Anlass-Verstoßes auf - ihren gewerblichen Charakter nicht offenlegende - Werbung für Gebrauchtfahrzeuge in Zeitungsanzeigen abstellt, ist in der Regel nach §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Strafe auch dann verwirkt sein soll. wenn sol-che Werbung später in Internetanzeigen veröffentlicht wird. Dies gilt bei einer vom Gläubiger vorformulierten Versprechenserklärung ausnahms-weise dann nicht, wenn der Schuldner aus den Umständen ihres Zustandekommens, insbesondere aus der damaligen Abmahnung entnehmen konnte, dass der Gläubiger die Unterlassungspflicht bewusst eng auf die damalige konkrete Verletzungsform hin abfassen wollte.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 17.04.2008; Aktenzeichen 17 O 69/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Stuttgart vom 17.4.2008 - 17 O 69/08 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

(1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 20.11.2007 zu bezahlen.

(2) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

I. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.000 EUR.

 

Gründe

I.1. Zum erstinstanzlichen Vorbringen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Zusammengefasst:

Die Beklagte, die ein Autohaus betreibt, hatte 2002 in Zeitungsanzeigen eine größere Zahl von gebrauchten Kraftfahrzeugen inseriert, ohne auf den gewerblichen Charakter der Angebote hinzuweisen. Auf Abmahnung der Klägerin vom 12.9.2002 (Anlage K 08, Bl. 34) hin schlossen die Parteien am 20.9.2002 einen Unterlassungsvertrag (Anlage K 02, Bl. 13), in dem sich die Beklagte verpflichtete, es künftig im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu unterlassen, "in Zeitungsanzeigen für den Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen zu werben, ohne auf die Gewerblichkeit oder die Gewerbsmäßigkeit des Angebots hinzuweisen" und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 1.500 EUR zu bezahlen. Weiter heißt es in der Unterlassungserklärung: "Eine solche Vertragsstrafe ist allerdings dann nicht zu zahlen, wenn der Unterzeichner durch Vorlage von Kaufverträgen, Steuerbescheiden u.ä. den Nachweis erbringt, dass das angebotene Fahrzeug tatsächlich längerfristig in seinem Privatvermögen stand und auf den Unterzeichner zugelassen war."

Im Juni 2007 inserierte die Beklagte im Internetportal "autoscout24.de" vier Fahrzeuge unter der Rubrik "Nur Privatangebote", ohne auf den gewerblichen Charakter des Angebots zum Verkauf hinzuweisen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dadurch sei die vereinbarte Vertragsstrafe in vier Fällen verwirkt, auch wenn bei den streitgegenständlichen Internetanzeigen ein anderes Werbemedium verwendet worden sei. Im Kern sei ein gleichartiger Wettbewerbsverstoß gegeben. Die Formulierung "in Zeitungsanzeigen" sei lediglich deshalb aufgenommen worden, weil bei einer Unterlassungserklärung nur die konkret begangene Handlung erfasst werden könne.

Demgegenüber ist die Beklagte der Meinung gewesen, sie habe sich nur wegen Anzeigen in Zeitungsannoncen unterworfen. Eine Auslegung dahin, dass sich die Unterlassungserklärung auch auf Werbung im Internet erstrecke, sei angesichts des Wortlauts nicht möglich. Die gesetzlichen Informationspflichten würden sich beim Medium Internet auch von denen bei Zeitungsanzeigen unterscheiden.

2. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die streitgegenständliche Werbung falle nicht unter das Vertragsstrafeversprechen.

Ein solches sei nach §§ 133, 157 BGB auszulegen, da die Parteien bei der Gestaltung von dessen Inhalt frei und nicht an die konkrete Verletzungsform oder eine bestimmte Verletzungshandlung gebunden seien. Die für die Auslegung eines Unterlassungstitels heranzuziehenden Grundsätze seien infolgedessen hier nicht maßgeblich.

Der von der Klägerin vorgegebene Wortlaut der Unterlassungsverpflichtung vom 20.9.2002 betreffe nach dem Wortlaut eindeutig nur Wettbewerbsverstöße in Zeitungsanzeigen. Die Klägerin hätte es in der Hand gehabt, das Vertragsstrafeversprechen allgemein auf Werbeanzeigen für Gebrauchtfahrzeuge zu erstrecken. Eine Auslegung dahin, dass sich das Versprechen auch auf Verstöße in Internetportalen beziehen solle, sei nicht möglich. Die Umstände, die damals zum Abschluss des Unterlassungsvertrags geführt hätten, rechtfertigten dies ebenso wenig wie dessen Sinn und Zweck.

3. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die erstinstanzlich verfolgten Ansprüche auf Zahlung der Vertragsstrafe weiterverfolgt.

Soweit sich die Berufung zunächst auch gegen die Abweisung des Anspruchs auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (Klagantrag Ziff. 2) richtete, ist sie von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.8.2008 zur...

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