Leitsatz (amtlich)

Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Paketdienstes: Unwirksamkeit eines umfassenden Beförderungs- und Haftungsausschlusses für verschuldeten Verlust oder Beschädigung wertvoller Paketsendungen gegenüber Verbrauchern.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 24.04.2003; Aktenzeichen 36 O 171/02 KfH)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.11.2006; Aktenzeichen I ZR 257/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 24.4.2003 (Az. 36 O 171/02 KfH) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte/Berufungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Berufungsstreitwert: 140.400 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte sie von Schadensersatzansprüchen freizustellen hat.

Wegen des Sachverhalts und des streitigen Parteivorbringens in I. Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Hierzu ist Folgendes zu ergänzen:

Herr ... hatte die Dias per Post an die Klägerin versandt. ...

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthalten unter 3.1.3 noch folgende Formulierung:

Geld, Urkunden, Dokumente, Wertpapiere und Gegenstände, die eine geldwerte Leistung verkörpern;

... aus der Ausroll-Liste (Anlage B 8) ergibt sich, dass der Auslieferungsfahrer der Beklagten die Pakete bei verschiedenen Empfängern im 5-Minuten-Takt ausgeführt haben soll. Des Weiteren, dass die an Herrn ... adressierten Pakete in zwei Lieferungen (1 Paket um 16.30 Uhr; 3 Pakete um 16.35 Uhr) übergeben worden sein sollen. Des Weiteren, dass die vom Auslieferungsfahrer vorgenommenen Unterschriften für die Person ... nicht identisch sind.

Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Es hat im Tenor klargestellt, dass die Freistellungsverpflichtung der Beklagten sich nur auf Ansprüche von Herrn ... bezieht, die dieser berechtigterweise gegen die Klägerin geltend macht. Ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 ZPO sei gegeben. Die Klägerin habe ggü. dem Berufsfotografen ... für den Verlust der Dias einzustehen. Sie sei nach § 604 BGB zur Rückgabe der Dias an Herrn ... verpflichtet gewesen. Hierbei habe es ... sich um eine Bringschuld der Klägerin gehandelt. Die Klägerin habe sich gegenüber Herrn ... schadensersatzpflichtig gemacht. Das schuldhafte Verhalten der Beklagten müsse sie sich im Rahmen der Rückübersendung nach § 278 BGB gegenüber Herrn ... anrechnen lassen.

Die Beklagte hafte nach § 425 HGB grundsätzlich für den Verlust der Dias. Die Haftungsbegrenzung des § 431 HGB komme der Beklagten nicht zugute. Der Erfüllungsgehilfe der Beklagten habe den Verlust der vier Pakete vorsätzlich nach § 435 HGB verschuldet. Die Beklagte könne sich nicht auf die in den Geschäftsbedingungen vorgesehenen Beförderungs- und Haftungsausschlüsse berufen. Diese verstießen gegen § 449 HGB. Ein Mitverschulden der Klägerin liege nicht vor. Die Höhe des bei Herrn ... eingetretenen Schadens bedürfe in vorliegendem Rechtsstreit keiner Klärung. Aufgrund der Aussage der Zeugin ... stehe zweifelsfrei fest, dass in den vier Paketen 351 Dias versandt worden seien.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des LG verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten.

Die Beklagte bringt vor, soweit im Urteilsausspruch die Einschränkung erfolgt sei, es müsse sich um Ansprüche handeln, die Herrn ... ggü. der Klägerin berechtigterweise geltend mache, handele es sich um einen nicht bestimmbaren, damit unsicheren Rechtsbegriff. Das vorliegende Urteil würde der Klägerin weitgehend jegliches Interesse nehmen, sich gegenüber Schadensersatzansprüchen des Herrn ... zu verteidigen. Es könne keineswegs gesichert davon ausgegangen werden, dass zwischen Herrn ... und der Klägerin eine Bringschuld seitens der Klägerin bestehe. Die Klägerin habe klargestellt, sie mache ausschließlich einen eigenen Schaden geltend, der dem Grund und der Höhe nach vollkommen davon abhängig sei, wie letztlich der Rechtsstreit .../. Klägerin ausgehe. Vor dem Hintergrund des Sachverhalts des vorliegenden Falles sei nicht nachvollziehbar, dass der Kunde einer Bildagentur über das hinaus hafte, was im Regressweg bei der Deutschen Bundespost zu erlangen sei. Die Rechtsprechung des BGH zu den ADSp sei heranzuziehen, wonach ein Eigentümer der nicht unmittelbar mit einem Spediteur kontrahiere, sich die Haftungsbeschränkungen nach den ADSp zurechnen lassen müsse. Im Urteilsausspruch hätte eine Einschränkung dergestalt gemacht werden müssen, dass die Haftung der Beklagten sich nach den DPD-Bedingungen orientiere.

Besonders wertvolle Pakete mit hohen Stückpreisen gehörten nicht in einen Massenpaketversand. Am Markt würden Spezialverkehre angeboten, weshalb die Dienstleister im Paketver...

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