Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 05.12.2016; Aktenzeichen 35 O 47/14 KfH)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 17.10.2022; Aktenzeichen VII ZR 49/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.12.2016, Az. 35 O 47/14 KfH, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 33.070,00 EUR nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Juli 2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin wird verurteilt, der *Versicherung AG, ..., die Vertragserfüllungsbürgschaft-Nr. ... vom 30.11.2011 (*Versicherung AG, Höchstbetrag 48.000,00 EUR) herauszugeben.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird teilweise verworfen und im Übrigen zurückgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.12.2016, Az. 35 O 47/14 KfH, wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 35 % und die Beklagte zu 65 %. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 46 % und die Beklagte zu 54 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.012.235,70 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Ersatzvornahmekosten und weitere Kosten nach der außerordentlichen Kündigung eines Bauvertrags über Elektroarbeiten geltend; die Beklagte verlangt widerklagend die Zahlung restlichen Werklohns.

1. Die Klägerin, die als Generalunternehmerin mit der Errichtung des Bauvorhabens mit der damaligen Bezeichnung "CS" in F. beauftragt worden war, beauftragte die Beklagte nach vorangegangenen Vertragsverhandlungen, die sich zunächst auch auf andere Gewerke erstreckt hatten, am 19. November 2012 mit der Ausführung des Gewerks Übertragungsnetze (EDV) zu einem Pauschalpreis von 480.000,00 EUR.

Im Laufe der Ausführung der Arbeiten unterbreitete die Beklagte der Klägerin diverse Nachtragsangebote, über deren Berechtigung die Parteien streiten.

Am 7. Januar 2014 kündigte die Klägerin den Vertrag mit der Beklagten aus wichtigem Grund. Sie ließ die Arbeiten in der Folgezeit durch andere Firmen fertigstellen.

Die Beklagte übersandte der Klägerin am 10. Februar 2014 eine Schlussrechnung und am 24. März 2014 eine überarbeitete Schlussrechnung, die beide von der Klägerin zurückgewiesen wurden.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin die Zahlung von Fertigstellungsmehrkosten sowie weiteren Beträgen in Höhe von insgesamt 447.791,15 EUR nebst Zinsen geltend. Widerklagend verlangte die Beklagte die Zahlung von restlichem Werklohn in Höhe von 826.605,08 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtlichen Anwaltskosten und die Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft vom 30. November 2012 mit einem Höchstbetrag von 48.000,00 EUR an die *Versicherung AG, hilfsweise an die Beklagte.

Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Antragstellung in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts verwiesen.

2. Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte sei nicht verpflichtet, an die Klägerin Ersatzvornahmekosten i.H.v. 405.544,44 EUR zu zahlen. Die Kündigung der Klägerin sei nicht wirksam, weil die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B nicht vorlägen.

Die Beklagte (soweit auf Seite 15 des angefochtenen Urteils unter a) von "Klägerin" die Rede ist, handelt es sich ersichtlich um eine fehlerhafte Bezeichnung) habe den Beginn der Ausführung nicht verzögert. Sie sei auch mit der Vollendung nicht in Verzug gekommen. Im Verhandlungsprotokoll vom 19. September 2012 sei vereinbart worden, dass die Gesamtfertigstellung der Leistung der Beklagten am 29. November 2013 erfolge. Unstreitig sei zu diesem Zeitpunkt die Leistung noch nicht fertig gestellt gewesen. Die Klägerin sei gleichwohl an der Ausübung der Rechte gemäß § 5 Abs. 4 VOB/B gehindert, weil sie die ihr obliegenden Mitwirkungspflichten und Vorleistungen nicht erbracht habe. Dies betreffe geänderte Anordnungen zur Bauausführung und die Forderung der Klägerin nach umfangreichen zusätzlichen Leistungen, ohne entsprechende Nachtragsangebote anzunehmen, sowie eine Reihe von Behinderungen durch ungenügende bzw. nicht rechtzeitig erbrachte bauseitige Vorleistungen. Für den Kausalzusammenhang spreche der Beweis des ersten Anscheins. Einer konkreten bauablaufbezogenen Darstellung der Beklagten bedürfe es hierzu nicht. Ungeachtet dessen verstoße die Klägerin in einer Gesamtschau gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.

Die Kläg...

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