Verfahrensgang

LG Ellwangen (Aktenzeichen 4 O 180/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 15.11.2018, Az. 4 O 180/18, abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 15.189,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.08.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke XX der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) WV... nebst 2 Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief und Serviceheft.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten außergerichtlicher Rechtsverfolgung in Höhe von 1.100,51 EUR freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten und weitergehende Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 13 % und die Beklagte 87 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

VII. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis zu 19.000,00 EUR.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz sowie Feststellung aufgrund des Erwerbs eines vom so genannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 18.05.2015 bei der Firma A., einen gebrauchten Pkw der Marke XX mit einer damaligen Laufleistung von 7.400 km zu einem Kaufpreis von 21.500,00 EUR (Fahrzeugbestellung in Anl. K1). Der Kaufpreis war mit Ausnahme einer Anzahlung von 2.500,00 EUR über die YY finanziert (Darlehensantrag und Annahme in Anl. K 1 a).

Dem Kläger war von der Verkäuferin ein "verbrieftes Rückgaberecht" eingeräumt worden (Anl. K 1 a), wonach sich die Verkäuferin verpflichtete, das Fahrzeug bei vertragsgemäßer Zahlung der Darlehensraten zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Schlussrate (22.04.2019) vom Kläger auf dessen Anbieten zu einem dort näher vereinbarten Rückkaufpreis zurückzukaufen.

Für das Fahrzeugmodell lag zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens wie zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger eine EG-Typgenehmigung vor.

Die Motorsteuergerätesoftware verfügte über eine Fahrzykluserkennung. Diese erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. Die Software weist zwei unterschiedliche Betriebsmodi auf. Im NEFZ schaltet sie in den Modus 1, in dem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und zu einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) kommt. Außerhalb des NEFZ wird das Fahrzeug im Modus 0 betrieben.

Das Kraftfahrtbundesamt vertrat mit Bescheid vom 15.10.2015 die Ansicht, dass es sich bei der verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Es erlegte der Beklagten auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge zu ergreifen.

Die Beklagte bietet den betroffenen Fahrzeughaltern ein kostenloses Software-Update an, mit welchem aus ihrer Sicht den Anforderungen des Kraftfahrtbundesamtes genügt wird. Der Kläger hat dieses Software-Update im Jahr 2016 installieren lassen.

Der Kläger, der erstinstanzlich wie auf Seite 2 der Klageschrift (GA I 2) beantragt hat, hat im Wesentlichen vorgetragen, ihm stehe gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB zu. Das von ihm erworbene Fahrzeug sei mit einer gesetzeswidrigen Software ausgestattet, weshalb mit einer Betriebsuntersagung und Außerbetriebsetzung gerechnet werden müsse. Ein verständiger Kunde hätte ein solches Fahrzeug nicht erworben. Das Verhalten der Beklagten stelle sich insoweit als grob sittenwidrig dar. Sie habe die Verbraucher vorsätzlich getäuscht, wobei die Täuschung allein dem Zweck der Kostensenkung gedient habe. Der Vorstand und zahlreiche Mitarbeiter hätten Kenntnis von den diese Sittenwidrigkeit begründenden Umständen besessen.

Die Handlungen der Beklagten seien kausal für den entstandenen Schaden, nämlich den Abschluss des für den Kläger nachteiligen Kaufvertrages. Im Wege des Schadensersatzes sei der Kläger deshalb so zu stellen, wie er ohne die sittenwidrige Schädigung stünde. Mithin sei der streitgegenständliche Vertrag rückabzuwickeln. Er könne deshalb die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung d...

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