Normenkette

BGB § 812

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 7 O 181/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 27.7.2001 (7 O 181/01) abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für den Beklagten wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 9.200 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 52.000,11 Euro.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt als Alleinerbin des während des Berufungsverfahrens am 4.9.2001 im Alter von 70 Jahren verstorbenen Herrn W. F. vom Beklagten, einem Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren, Rückerstattung von Honoraren für die ärztliche Behandlung des verstorbenen Ehemannes und Ersatz von Aufwendungen für Medikamente, therapeutische Substanzen, Infusionen etc. im Zuge der Behandlung.

Herr W. F. war seit 1992/1993 schwer erkrankt. Es traten zunächst langsam progrediente paraspastische Gangstörungen auf. Laboruntersuchungen im August 1992 ließen zudem darauf schließen, dass „kürzlich eine akute Borreliose” vorgelegen habe (Bl. 280 der beigezogenen Akten 7 O 332/99 des LG Stuttgart, in der Folge „Vorprozessakten” genannt). Im Oktober 1992 vermutete Prof. Dr. D., Universität T., als Ursache der Lähmungserscheinungen eine Schädigung des Myelons im Rahmen einer cervikalen Myelopathie (Bl. 255 der Vorprozessakten). Den Verdacht auf eine Motoneuron-Erkrankung einschl. einer Amyotrophischen Lateralsklerose (ALS) äußerte auch Dr. Sp. von der neurologischen Klinik der Städtischen Krankenanstalten E. im Dezember 1992 (Bl. 252 der Vorprozessakten). Aufgrund einer stationären Behandlung des Herrn F. vom 26.7. bis 27.7.1993 in der neurologischen Klinik der Universität T. kam Prof. Dr. D. zu der Erkenntnis, dass Ursache der zuletzt stärker progredienten, links-betonten kombiniert spastisch-atrophischen Tetraparese „doch die schon früher vermutete Motoneuron-Erkrankung vom Typ der ALS mit entspr. schlechter Prognose” sei (Bl. 353 der Vorprozessakten). Eine chronische Neuroborreliose schloss Prof. Dr. D. als Ursache für die Beeinträchtigungen des Herrn F. aus. Herr F. und die Klägerin wurden von Prof. Dr. D. hierüber informiert.

Bei progredientem Befund nahm der frühere Kläger an einer Behandlung wegen ALS in München auf der Grundlage der Studie eines anerkannten Spezialisten teil.

Herr F. zog die gestellte Diagnose gleichwohl in Zweifel und dachte nach wie vor an einen Borrelieninfekt. Er unterzog sich deshalb auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin während eines stationären Aufenthalts in der Fachklinik Ichenhausen vom 13.7. bis 7.9.1994 einer 14-tägigen Rozephin-Therapie, obgleich auch dort eine Amyotrophische Lateralsklerose diagnostiziert wurde (Bl. 357 ff. der Vorprozessakten). Eine Befundänderung stellte sich nach der erwähnten Therapie nicht ein. Die Ärzte erhofften dadurch lediglich eine bessere Akzeptanz seiner Grunderkrankung.

Auch andere von Herrn F. im März und Juni 1994 konsultierte Ärzte gingen von der Diagnose einer stetig progredienten ALS aus (vgl. Bl. 364 u. 366 der Vorprozessakten).

Diese wurde seit 1994 nicht mehr kausal behandelt. Seit einer Lungenentzündung im Sommer 1997 war Herr F. bei Lähmung aller Extremitäten ganz überwiegend auf ein Beatmungsgerät angewiesen (Bl. 307 der Vorprozessakten). Wegen der damit verbundenen Probleme befand sich Herr F. in der Folge in engmaschiger Behandlung durch seinen Hausarzt und einen Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde.

Im Frühsommer 1998 stellten die Eheleute F., denen von einem ihnen bekannten Zahnarzt der Beklagte als ein Arzt, der auch besondere Behandlungen mache, namhaft gemacht wurde, zu diesem den Kontakt her. Der Beklagte übernahm etwa Mitte Juni 1998 die Behandlung und führte sie bis Ende 1999 fort.

Weil sich die private Krankenversicherung des Herrn F. auch nach einem von ihr im Oktober 1998 angeforderten und vom Beklagten im Dezember 1998 erstellten Behandlungs- und Befundbericht (vgl. B 7, Bl. 45 der Vorprozessakten) weigerte, u.a. die von Herrn F. verauslagten Honorarrechnungen des Beklagten und die Kosten der rezeptierten und verabreichten Medikamente zu erstatten, führte er vor dem LG Stuttgart gegen seine private Krankenversicherung, die D., einen Rechtsstreit (7 O 332/99) um die Erstattung dieser Behandlungskosten auf der Grundlage des Versicherungsvertrages. Zuvor hatte Herr F. bereits wegen nicht erstatteter Heilpraktikerkosten aus der Zeit Februar bis August 1992 i.H.v. ca. 15.000 DM die D. gerichtlich in Anspruch genommen. Durch Urteil des OLG Stuttgart vom Mai 1996 wurde ihm lediglich eine Erstattung i.H.v. ca. 3.700 DM zuerkannt. Nachdem im Rechtsstreit gegen die Krankenkasse (LG Stuttgart – 7 O 332/99) zur Frage der medizinisch notwendigen Heilbehandlung im Blick auf die vom Beklagten veranlassten Kosten vom gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L. ei...

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