Leitsatz (amtlich)

Hat ein Architekt einen Ingenieur als Subplaner beauftragt, kann er von diesem wegen Planungsfehlern dann keinen Schadensersatz verlangen, wenn er selbst von seinem Auftraggeber wegen des im Bauwerk konkretisierten Planungsfehlers aus Gründen der Verjährung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann und im Hinblick auf seinen Werklohn vollständig befriedigt wurde. Die Leistungsketten-Rechtsprechung des BGH findet auch bei Planungsfehlern, welche sich bereits im Bauwerk konkretisiert haben, Anwendung. Dass dem Architekten in derartigen Fällen kein Nachbesserungsrecht zusteht, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Der Architekt ist wegen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht gehalten, die Einrede der Verjährung gegenüber seinem Auftraggeber zu erheben, solange kein Ausnahmefall der Unzumutbarkeit vorliegt.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 22.01.2014; Aktenzeichen 18 O 42/08)

BGH (Aktenzeichen VII ZR 266/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.01.2016; Aktenzeichen VII ZR 266/14)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 22.1.14, Az. 18 O 42/08, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Dieses Urteil und das Urteil des LG Stuttgart vom 22.1.14 sind ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin dadurch abwenden, dass er Sicherheit i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages erbringt, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Berufungsstreitwert: 38.496,50 EUR

Streitwert I. Instanz: 76.993

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Ingenieurhonorar i.H.v. 38.496,50 EUR für ein Industriegebäude der Fa. X in V geltend. Der als Generalplaner eingesetzte Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Planung der Elektrotechnik und der Technik im Bereich Heizung/Lüftung/Sanitär. Unter Hinweis auf Planungsmängel bei der Heizungsanlage verwehrt sich der Beklagte gegen die Bezahlung des eingeklagten Honorars.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das LG sprach die Klagforderung - von geringfügigen Abstrichen bei den Nebenforderungen abgesehen - vollumfänglich zu. Zwar sei die Planung der Klägerin für die Heizanlage mangelhaft gewesen, weil den Berechnungen ein falscher k-Wert zugrunde gelegt worden sei. Die Klägerin sei nämlich von einer konventionellen anstatt der tatsächlich vorhandenen Polykarbonat-Fassade ausgegangen. Die Heizleistung sei daher nicht ausreichend.

Der Beklagte habe gleichwohl keinen Schadensersatzanspruch, da ihm letztlich kein Schaden entstanden sei. Entsprechende Gewährleistungsansprüche der Bauherrin gegen den Beklagten seien nämlich spätestens seit Oktober 2013 verjährt. Der Beklagte sei im Rahmen der Schadensminderungsobliegenheit gehalten, die Verjährungseinrede zu erheben. Deshalb dürfe der Beklagte auch kein Anerkenntnis hinsichtlich verjährter Mangelbeseitigungsansprüche abgeben.

Der vorzunehmenden Vorteilsausgleichung stehe nicht entgegen, dass die Aufrechnung gegen die Klagforderung seitens des Beklagten schon zu einem Zeitpunkt erklärt worden sei, als die Gewährleistungsansprüche der Bauherrin noch nicht verjährt gewesen seien. Damals habe der Beklagte lediglich Freistellung verlangen können; außerdem komme es entscheidend auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Auch sei im Rahmen der Einzelfallbeurteilung zu berücksichtigen, dass der Beklagte offensichtlich versuche, die erst nachträglich festgestellte Mangelhaftigkeit der Planungsleistungen als Vorwand heranzuziehen, um eine von Anfang an nicht erfolgte Begleichung der berechtigten Honorarforderung zu rechtfertigen.

Auch Ansprüche auf Honorarminderung scheiterten am Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Es liege schon keine Verjährung der Ansprüche der Bauherrin gegenüber dem Beklagten vor. Insofern im erstinstanzlichen Urteil die Abnahme vom 14.12.07 (Anl. K 26, Bl. 606f d.A.) in Bezug genommen werde, betreffe diese ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen der Bauherrin und dem ausführenden Unternehmer, nicht aber dem Beklagten. Die Begleichung der Honorarrechnung des Beklagten sei entgegen der Annahme des LG nicht bereits im Oktober 2008 erfolgt, sondern erst am 2.11.2009. Der zunächst erfolgte Einbehalt i.H.v. 5.000 EUR sei u.a. auch wegen behaupteter Mängel des Architektenwerks erfolgt.

Zudem habe - was erstinstanzlich unwidersprochen geblieben sei - die Mängelbeseitigung an dem fraglichen Bauvorhaben noch bis Ende Juni 2009 angedauert (Gewerk der Firma P, Innenausbau). Vorher sei mangels vollständiger Leistungserbringung des Architektenwerks eine konkludente Abnahme nicht möglich; frühestens sei eine solche Ende Juni 2009 denkbar, so dass Gewährleistungsansprüche des Bauherrn bis zum Juni 2014 bestünden.

Der Bauherr habe mit Schreiben vom 19.7.13, 13.8.13 (Anl. B 9, 1...

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