Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidung und Folgesachen. Auskunft Zugewinnausgleich. Ehe- und Erbvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Frage, ob ein Ehe- und Erbvertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB ist.

2. Der gleichzeitige Abschluss zweier Verträge, die miteinander in einer Urkunde verbunden werden, enthalten nicht nur einen „äußerst schwachen Anhaltspunkt” für das Vorliegen eines einheitlichen Rechtsgeschäfts, vielmehr besteht bei Aufnahme beider Geschäfte in eine Urkunde eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Parteien das Rechtsgeschäft als Einheitliches gewollt haben.

 

Normenkette

BGB § 139

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Urteil vom 03.01.1986; Aktenzeichen 26 F 788/85)

 

Tenor

1. Die Berufung des Ehemannes gegen das am 03.01.1986 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Stuttgart wird

zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Ehefrau 1/10, der Ehemann 9/10.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Ehemann darf die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 DM abwenden, wenn nicht die Ehefrau vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert der Berufung des Ehemannes:

50.000 DM.

Streitwert der Anschließung der Ehefrau:

bis zur Rücknahme der Klage insoweit:

10.000 DM;

von da an:

1.000 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien sind miteinander verheiratet, jeder von ihnen in zweiter Ehe. Sie streiten innerhalb ihres Scheidungsverbundverfahrens im vorliegenden Berufungsverfahren jetzt noch darüber, ob der Ehemann verpflichtet ist, der Ehefrau gem. § 1379 I 1 BGB Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zu erteilen.

Der am 24.08.1920 geborene Ehemann war Chefarzt des … in … und befindet sich seit 01.10.1985 im Ruhestand. Er war, wie schon früher, im Jahre 1984 schwer erkrankt. Am 26.10.1984 wurde durch das Versorgungsamt … eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von nunmehr 90 % anerkannt. Der Ehemann hat zwei Töchter aus erster Ehe, … und … … geb. 1955 bzw. 1958. Am 15.05.1973 hat er mit seiner ersten Ehefrau … ein gemeinschaftliches Testament errichtet, durch das die damaligen Ehegatten sich gegenseitig zu Erben einsetzten. Erben des zuletzt sterbenden Ehegatten sollen die Kinder … und … werden (Bl. 87 B 4). Frau … ist am 26.01.1975 verstorben, der Ehemann hat die Alleinerbschaft aufgrund des Testaments angenommen.

Die am 11.01.1945 geborene Ehefrau hat aus erster Ehe die Tochter …, geb. 1966. Sie hat ihre frühere Erwerbstätigkeit als Journalistin nach der Eheschließung der Parteien aufgegeben. Derzeit ist sie als Mitarbeiterin eines Verlages tätig.

Als die Parteien im Herbst 1981 die Möglichkeit einer Eheschließung erörterten, hatte der Mann Befürchtungen wegen des großen Altersunterschiedes der Parteien – nach seiner Darstellung jedoch auch wegen möglicher Spannungen zwischen der Frau und seinen beiden erwachsenen Töchtern –. Er war zur Eheschließung nur für den Fall des Abschlusses einer vertraglichen Vereinbarung bereit und ließ durch seinen Rechtsberater, Rechtsanwalt … in … den Entwurf eines Ehe- und Erbvertrages anfertigen. Dieser wurde von Rechtsanwalt … mit beiden Parteien durchgesprochen und sodann der Frau zur Beurteilung durch einen Rechtskundigen ihres Vertrauens übergeben; sie zog hierzu Rechtsanwältin …, heran. Der Abschluß des Vertrages wurde am 11.12.1981 vor Notar …, ohne Änderung gegenüber dem ihm von Rechtsanwalt … übersandten Entwurf beurkundet. Der Vertrag (Bl. 87 B 5) hat folgenden Wortlaut:

„Wir beabsichtigen, in Kürze die Ehe miteinander einzugehen und wollen für diesen Fall einen Ehe- und Erbvertrag abschließen.

I.

EHEVERTRAG

1. Wir vereinbaren, daß im Falle unserer Eheschließung der gesetzliche Güter stand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen wird und damit der Güterstand der Gütertrennung eintritt.

Ein Verzeichnis der einzelnen uns gehörigen Vermögensgegenstände soll in diese Urkunde nicht aufgenommen werden.

Wir wünschen vorerst keine Eintragung in das Güterrechtsregister.

2. Wird unsere künftige Ehe in anderer Weise aufgelöst als durch den Tod eines Ehepartners, so erhält die Ehefrau als Vermögensausgleich einen Betrag von DM 50.000,–.

3. Wir behalten uns vor, den vertraglichen Güterstand der Gütertrennung zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zum Zeitpunkt der Eheschließung wieder aufzuheben.

II.

ERBVERTRAG

1. Hiermit setze ich, … im Falle meiner Eheschließung mit Frau … diese zu einem Drittel, meine Tochter … (geboren 12.02.1955) und meine Tochter … (geboren am 12.04.1958) je zu einem Drittel als Erben ein.

2, Nach dem gegenwärtigen Stand meines Vermögens besteht mein Nachlaß im wesentlichen aus dem Grundstück nebst Wohnhaus … in … Wertpapieren im Depot der … sowie Autographen und Kunstgegenständen.

3. Meine künftige Ehefrau erhält an dem Haus … … in … das lebenslängliche unentgeltliche Wohnrecht in der ebenerdigen Etage (Erdgeschoß), im Untergeschoß und im Dachgeschoß.

Meine Töchter … und … erhalten als Gesamtberechtigte ein...

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