Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 22.01.2021; Aktenzeichen 3 O 302/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten Ziffer 1 gegen das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 22.01.2021, Az. 3 O 302/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte Ziffer 1 hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Teilurteil des Landgerichts Heilbronn sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte Ziffer 1 kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 EUR abwenden darf, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht im Wege der Stufenklage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen die Beklagten geltend.

Die Parteien sind Kinder des am xx.xx.2015 verstorbenen Erblassers K. R., der zusammen mit seiner bereits vorverstobenen Ehefrau seine fünf Kinder im notariellen Erbvertrag vom xx.xx.1994 als Erben eingesetzt hatte. Der Kläger und seine beiden Schwestern schlugen die Erbschaft (jeweils auch für ihre minderjährigen Kinder) aus, so dass als Erben die beiden Beklagten verblieben sind.

Der Kläger trat seinen Pflichtteilsanspruch nach dem Tode seines Vaters zur Unterstützung einer Schmerzensgeldforderung in Höhe eines Betrages von 12.000,00 EUR (nebst Zinsen) an seine Stieftochter V. P. ab, die ihn ermächtigte, diesen Anspruch auf eigene Veranlassung kostenrechtlich zu verfolgen.

Ein Privatinsolvenzverfahren des Klägers wurde durch Erteilung der Restschuldbefreiung mit Beschluss vom xx.xx.2018 beendet.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagten als Erben seien ihm als Pflichtteilsberechtigtem zur Auskunft verpflichtet. Die Beklagten wenden sich gegen eine Auskunftsverpflichtung, u.a., weil der Kläger zum Zeitpunkt des Erbfalls noch Erbe gewesen war.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Teilurteil des Landgerichts Heilbronn vom 22.01.2021 (Az. 3 O 302/18), den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 08.02.2021 (Az. 3 O 302/18) sowie den Akteninhalt.

Das Landgericht hat die Beklagten durch Teilurteil vom 22.01.2021 zur Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses sowie zur Auskunftserteilung über alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod getätigt hat und über alle unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser getätigt hat, verurteilt.

Der Kläger sei aktivlegitimiert, da er mit seiner Stieftochter vereinbart habe, dass er ermächtigt bleibe, seinen Pflichtteilsanspruch auf eigene Kosten gerichtlich geltend zu machen.

Die Beklagten seien gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zur Auskunftserteilung verpflichtet. Der Kläger sei durch die wirksam und fristgerecht erklärte Ausschlagung des Erbteils als Abkömmling nunmehr gemäß § 2306 Abs. 1 BGB pflichtteilsberechtigt. Die Ausschlagung der Erbschaft wirke gemäß § 1953 Abs. 1 BGB ex tunc, der Anfall der Erbschaft gelte als nicht erfolgt. Der Pflichtteilsberechtigte, der zum Erben berufen war, aber ausgeschlagen habe und nunmehr seinen Pflichtteil einschließlich Ergänzungen verlange, sei deshalb nach dem Wortlaut des Gesetzes nie Erbe gewesen. § 2314 Abs. 1 BGB differenziere nicht danach, ob von vornherein ein Pflichtteilsanspruch vorliege, weil der Abkömmling von der Erbfolge ausgeschlossen ist, oder ob ein als Miterbe eingesetzter Abkömmling die Erbschaft ausschlage und nach § 2306 BGB Pflichtteilsansprüche geltend mache. Es sei kein Grund ersichtlich, den enterbten Pflichtteilsberechtigten und den Nicht-mehr-Erben nach Ausschlagung der Erbschaft im Hinblick auf das Auskunftsrecht gemäß § 2314 BGB unterschiedlich zu behandeln.

Der Umfang der Auskunftspflicht folge aus § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB. Die Auskunftsverpflichtung erstrecke sich auf den realen Aktivnachlass, die Nachlassverbindlichkeiten sowie den fiktiven Nachlassbestand und beinhalte nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB den Anspruch auf Vorlage eines notariellen, in Aktiva und Passiva unterteilten Bestandsverzeichnisses. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat auf die rechtliche Begründung im landgerichtlichen Urteil Bezug.

Der Beklagte Ziffer 1 wendet sich mit seiner Berufung gegen das landgerichtliche Urteil. § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB sei entgegen der Auffassung des Landgerichts - schon nach seinem Wortlaut - auf den Nicht-mehr-Erben nicht anwendbar. Wer Erbe i. S. d. § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB sei, beurteile sich nach dem Zeitpunkt des Erbfalls und nicht nach einer nachträglichen Entwicklung (wie beispielsweise der Ausschlagung des Erbteils). Die Ausschlagung des Erbes habe dem Kläger nicht zu einem Pflichtteilsanspruch verholfen, weil er nicht durch eine Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen worden sei. Nach Sinn...

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