Leitsatz (amtlich)

Eine Klausel, mit der dem jeweiligen Erwerber eines in einer Wohnungseigentumsanlage befindlichen Reihenhauses eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt wird, das seinem ausschließlichen Sondernutzungsrecht unterliegende Gemeinschaftseigentum für alle Erwerber abzunehmen, hält einer Inhaltskontrolle stand, wenn schützenswerte Belange der anderen Erwerber - hier bei faktischer Realteilung des Gemeinschaftseigentums - nicht beeinträchtigt werden.

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 14.10.2014; Aktenzeichen 2 O 197/12 Co)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das am 14.10.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Heilbronn, Az. 2 O 197/12, wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu Ziff. 4 und 5. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger zu Ziff. 1 bis 3 und 6 bis 14 jeweils 6,9 %, die Beklagte 17,2 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu je 1/14.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 15.600 EUR.

 

Gründe

I. Ohne Tatbestand (gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).

II. Die Kläger sind Erwerber von Wohnungseigentum in einer Wohnungseigentumsanlage, die aus zwei Gebäuden besteht, die jeweils wiederum in vier Reihenhäuser aufgeteilt sind. In diesen Gebäuden ist die Zuordnung von Heizkörpern zu den Dachflächenfenstern mangelhaft. Das LG hat den Nachbesserungsanspruch den Erwerbern eines der Reihenhäuser im Hinblick auf deren Reihenhaus zugesprochen und die Nachbesserungsansprüche der anderen Erwerber wegen Verjährung abgewiesen.

Die dagegen gerichtete zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.

Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Der Anspruch der Kläger auf Nachbesserung der Mängel an den Dachfenstern und den Heizungen gem. §§ 634 Nr. 1, 635 BGB ist verjährt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) und beginnt mit der Abnahme des Werkes (§ 634a Abs. 2 BGB).

a) Die in der Berufung noch streitgegenständlichen Dachflächenfenster und Heizkörper nebst Leitungen sind durch die jeweiligen Erwerber der Reihenhäuser abgenommen worden. Die Abnahme erfolgte sowohl hinsichtlich des Sondereigentums als auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums, an welchen den einzelnen Reihenhauseigentümern ein Sondernutzungsrecht zugeordnet wurde, vor dem Oktober 2004. Die einzelnen Sondereigentümer der Reihenhäuser waren von den anderen Erwerbern wirksam bevollmächtigt, die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Abnahme der Dachflächenfenster und Heizkörper, die dem ausschließlichen Sondernutzungsrecht der einzelnen Sondereigentümer zugewiesen sind, zu vertreten.

aa) In § 6 der (gleich lautenden) notariellen Kaufverträge wird folgendes geregelt:

Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, dass die Verjährungsfristen mit der Abnahme des Vertragsobjekts durch den Erwerber beginnen. Bezüglich des Gemeinschaftseigentums, das nicht vom Käufer alleine abzunehmen ist, beginnen die Fristen mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums.

In § 8 der jeweiligen notariellen Kaufverträge heißt es:

"1. Nach Abrechnung und Zahlung der Rate c) des Zahlungsplanes erfolgt im Rahmen einer gemeinsamen Besichtigung die Abnahme des erworbenen Sondereigentums und des Teiles des gemeinschaftlichen Eigentums, der vom betroffenen Sondereigentum zur ausschließlichen Sondernutzung zugewiesen wurde, durch den Erwerber, (...).

6. Eine Abnahme des gemeinschaftliche Eigentums durch den Erwerber ist insoweit nicht vorgesehen, als dieser durch bestehende Sondernutzungsrechte von dessen Nutzung vollkommen ausgeschlossen ist."

bb) Die Klauseln modifizieren das Abnahmerecht des einzelnen Erwerbers in § 640 BGB hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums. Diese Klausel ist dahingehend auszulegen, dass dem jeweiligen Erwerber des Reihenhauses eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt wird, das in seinem ausschließlichen Sondernutzungsrecht befindliche Gemeinschaftseigentum für alle Erwerber abzunehmen.

cc) Diese Klauseln sind nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Da es sich unstreitig um Klauseln handelt, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, sind diese nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die notarielle Beurkundung steht dem Formularcharakter nicht entgegen.

Von einer unangemessenen Benachteiligung ist im Zweifel auszugehen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, oder wesentliche Rechte so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 BGB).

Ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, ist zunächst ausgehend von den Vorschriften des dispositiven Rechts zu beurteilen, die o...

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