Leitsatz (amtlich)

1. Dem Zessionar eines Anspruchs auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens kann die Qualifikation des Darlehens als Gesellschafterdarlehen und die damit verbundene Nachrangigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO jedenfalls dann nach § 404 BGB entgegengehalten werden, wenn die Abtretung innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, mithin innerhalb eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte.

2. Die Rückzahlung des Darlehens an den Zessionar durch die Insolvenzschuldnerin ist unter den Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Der Anspruch aus § 143 Abs. 1 InsO auf Rückgewähr des zurückbezahlten Gesellschafterdarlehens nach Anfechtung gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO richtet sich gegen den Zessionar.

3. Eine gesamtschuldnerische Haftung des Gesellschafters neben dem Zessionar scheidet grundsätzlich aus.

 

Normenkette

InsO § 135 Abs. 1 Nr. 2, § 143 Abs. 1, § 39 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Urteil vom 03.08.2011; Aktenzeichen 7 O 594/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 21.02.2013; Aktenzeichen IX ZR 32/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Tübingen vom 3.8.2011 (Az. 7 O 594/10) abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: 528.500 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 135, 143 InsO i.H.v. 528.500 EUR geltend.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der E GmbH& Co. KG (i. F. Insolvenzschuldnerin), über deren Vermögen mit Beschluss vom 1.11.2010 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet wurde.

Die Beklagte ist alleinige Gesellschafterin der U Beteiligungs GmbH. Die U Beteiligungs GmbH ist zum einen alleinige Kommanditistin der Insolvenzschuldnerin. Sie ist zum anderen alleinige Gesellschafterin der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin, der E Beteiligungs GmbH.

Die Beklagte gewährte der Insolvenzschuldnerin mit Darlehensvertrag vom 30.10./3.11.2009, neugefasst am 26./27.1.2010, ein Darlehen i.H.v. 500.000 EUR, das sie am 5.11.2009 auszahlte. In dem Darlehensvertrag ist ein Zinssatz von 9,5 % pro Jahr vereinbart.

Die Beklagte verkaufte diese Darlehensforderung an die C Ltd., B. W. I. und trat diese an die C Ltd. ab (Kauf- und Abtretungsvertrag vom 17.3.2010, Bl. 153 ff.), die dies der Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 23.3.2010 anzeigte (K 1, Bl. 5) und mit Schreiben vom 4.6.2010 (K 2, Bl. 6) die Rückzahlung des Darlehens bis 8.6.2010 forderte. Am 8.6.2010 überwies die Insolvenzschuldnerin den angeforderten Betrag auf das dort genannte Konto. Im August 2010 stellte sie Insolvenzantrag.

Der Kläger fordert von der Beklagten die Rückzahlung des zurückbezahlten Darlehens unter Berufung aus §§ 143, 135 InsO.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Das LG hat der Klage weitgehend stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 528.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 28.11.2010 zu bezahlen.

Dem Kläger stehe ein Anspruch i.H.v. 528.500 EUR aus §§ 143, 135 Abs. 1 Nr. 2, 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gegen die Beklagte zu.

Es liege ein Gesellschafterdarlehen gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO vor. Es sei unschädlich, dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin sei, weil die Beklagte als alleinige Gesellschafterin der alleinigen Gesellschafterin der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin in Bezug auf ihre Haftung für Kapitalaufbringung und -erhaltung einem unmittelbaren Gesellschafter gleichzustellen sei.

Die Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO lägen vor. Die Beklagte sei Empfängerin der Zahlung i.S.d. §§ 135 Abs. 1 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO gewesen. Die insolvenzrechtlichen Vorschriften statuierten die Pflicht, Zahlungen auf eine Gesellschafterdarlehensrückgewährforderung innerhalb von einem Jahr vor Insolvenzantragstellung zurückzugewähren. Dieser Verpflichtung könne sich der Gesellschafter nicht durch die Abtretung der Forderung entziehen. Durch die Abtretung habe die Beklagte die Zahlung an die C Ltd. veranlasst, so dass diese Zahlung ihr zuzurechnen sei und die Forderung deshalb in Höhe des von der Insolvenzschuldnerin bezahlten Betrags bestehe.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die damit ihren Antrag auf Klagabweisung weiter verfolgt.

Unzutreffend gehe das LG bereits davon aus, dass die Beklagte Gesellschafterin der Klägerin sei. Zu Unrecht sei das LG zudem davon ausgegangen, dass im Falle einer Abtretung eines hier unterstellten verhafteten Gesellschafterdarlehens der Gesellschafter sowie der Zessionar gesamtschuldnerisch...

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