Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 25.01.2018; Aktenzeichen 3 O 305/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.12.2019; Aktenzeichen VI ZR 71/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 25.1.2018 (Az. 3 O 305/15) wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten Ziff. 2 richtet. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.552,74 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch wegen Schadensersatzansprüchen in Anspruch, die im Zusammenhang mit einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage bei der S. AG (im Folgenden: S. AG) stehen.

Die S. AG war eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz und vertrieb in Deutschland über Vermittler das Anlageprodukt "A". Das diesbezügliche Geschäftsmodell sah vor, dass die S. AG ihre Kunden dazu einlud, deren bereits vorhandene Kapitallebensversicherungen oder andere vergleichbare Anlagen zu kündigen bzw. kündigen zu lassen und den Rückkaufswert bei der S. AG anzulegen. Die Versicherungsverträge sollten durch einen Rechtsanwalt gekündigt werden, der den Rückkaufswert an die S. AG auskehren und dafür eine Provision erhalten sollte. Diese Auskehrung sollte im Rahmen eines Kauf- und Abtretungsvertrages erfolgen, in dem als Gegenleistung für die verkauften Rechte bzw. Forderungen aus dem Versicherungsvertrag eine zeitlich spätere Auszahlung der S. AG an den Kunden vorgesehen war, die - in Abhängigkeit von der Laufzeit der Anlage - den Rückkaufswert der Versicherung betragsmäßig erheblich übersteigen sollte.

Die hierfür notwendigen Gewinne der S. AG sollten durch Investitionen in erneuerbare Energien, konkret in den Bau von Kraftwerken, erzielt werden. Das erste Kraftwerk sollte im Jahr 2013 fertiggestellt werden. Zu diesem Zwecke beteiligte sich die S. AG u.a. an der F. GmbH, die geeignete Standorte suchen und Forschung betreiben sollte. Zwischen den beiden Gesellschaften wurde eine Kapitalisierungsvereinbarung geschlossen, wonach die S. AG in die F. GmbH einzahlen und dieser ein Darlehen zur Verfügung stellen sollte. Da die S. AG so zunächst keine Gewinne generieren konnte, zahlte sie die älteren Kunden mit den eingesetzten Geldern der neueren Kunden aus.

Die S. AG verfügte weder über eine Erlaubnis i.S.d. § 32 Kreditwesengesetz (im Folgenden: KWG) noch über eine Erlaubnis nach Schweizer Bankenrecht noch über eine Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz. Sie gab die Geschäfte als "Liegenschaftsvermittlungen" und "Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Produktentwicklung für Versicherungsbetriebe" aus. Am 30.09.2010 fragte der damalige Rechtsanwalt der S. AG bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) an, ob das Geschäftsmodell der S. AG einer bankenrechtlichen Erlaubnis bedürfe. Mit Schreiben vom 10.01.2011 (Anl. B2) teilte die BaFin mit, dass das streitgegenständliche Anlageprodukt aufgrund des in § 6 des Kauf- und Abtretungsvertrages vereinbarten qualifizierten Rangrücktritts den Tatbestand des Einlagengeschäfts im Sinn von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG nicht erfülle.

Am 18.03.2011 hatte die Klägerin ein Beratungsgespräch mit dem Zeugen I. A. und unterzeichnete einen Kauf- und Abtretungsvertrag mit der S. AG betreffend sämtliche Rechte und Forderungen der Klägerin gegenüber der H. Lebensversicherung AG (Vertragsnummer ..., Anl. K4). Der Vertrag enthält in § 6 eine Regelung, die mit "qualifizierter Rangrücktritt" bezeichnet ist (näher dazu im Urteil des Landgerichts, S. 3, Bl. 341 d.A.). In § 3 Abs. 1 ist geregelt, dass die S. AG in Deutschland zugelassene Rechtsanwälte für den Fall der Verwertung der gekauften Rechte und Forderungen mit der Durchführung der Verwertung beauftragt. In § 7 Abs. 1 ist eine Bevollmächtigung der S. AG durch den Verkäufer, hier die Klägerin, zur umfassenden Vertretung im Zusammenhang mit der Vermögensanlage enthalten. Die S. AG beauftragte anschließend den Beklagten Ziff. 2 mit der Abwicklung des Versicherungsvertrages der Klägerin bei der H. Lebensversicherung AG. Mit Schreiben vom 01.08.2011 teilte die S. AG der Klägerin mit, dass der Beklagte Ziff. 2 aus dem angekauften Versicherungsvertrag eine Zahlung von 7.552,74 EUR weitergeleitet habe und sicherte zu, dass am 01.08.2017 der Betrag von 15.105,48 EUR ausbezahlt würde (Anl. K8).

Der Beklagte Ziff. 1 war alleiniges Verwaltungsratsmitglied und Hauptentscheidungsträger der S. AG, der Beklagte Ziff. 3 deren Direktor und Mitglied der Ge...

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