Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verfährung des sog. "Stammrechts" (Gesamtanspruchs) bei der Berufsunfähigkeitsversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Gesamtansprüche (sog. "Stammrecht") aus einem dem Versicherer vom Versicherungsnehmer mitgeteilten Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit sind mit konkreter Anzeige beim Versicherer erhoben und verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährung gem. §§ 195, 199 BGB mit der Entstehung des Anspruchs.

2. Die Entstehung eines Anspruchs gem. § 199 Abs. 1 BGB, auch eines versicherungsrechtlichen Anspruchs, setzt seine Fälligkeit voraus (Anschluss: BGH VersR 1955, 97 f. zur Verjährung eines Berufsunfähigkeitsversicherungsanspruchs nach § 12 Abs. 1 VVG a.F.).

3. Die Fälligkeit eines versicherungsrechtlichen Anspruchs ist nach den Fälligkeitsvorschriften des § 14 Abs. 1 VVG n.F. (= § 11 Abs. 1 VVG a.F.) zu bestimmen

 

Normenkette

BGB §§ 195, 199, 214; VVG a.F. § 12; VVG n.F. § 14 Abs. 1; VVG a.F. § 11 Abs. 1; EGVVG Art. 3 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 09.10.2013; Aktenzeichen 18 O 188/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Stuttgart - 18 O 188/13 - vom 9.10.2013 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: 95.413,18 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Zahlung rückständiger Berufsunfähigkeitsrente (02/2007 bis 01/2014 = 55.692 EUR), Rückzahlung von geleisteten Versicherungsprämien für die Zeit 02/2007 bis 08/2011 (4.414,60 EUR), insgesamt somit 60.106,60 EUR, sowie Nebenforderungen i.H.v. 2.429,27 EUR vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und jeweiliger Rechtshängigkeitszinsen. Ferner begehrt der Kläger die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente ab 02/2014 bis längstens 31.12.2025 i.H.v. 663 EUR/Monat. Hilfsweise beantragt der Kläger die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 7.460,58 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen wegen behaupteter Falschberatung im Zusammenhang mit dem Abschluss der streitgegenständlichen Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

Der am 15.8.1965 geborene Kläger hat bei der Beklagten zwei Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen abgeschlossen (Versicherungsschein-Nr. 260112368 [Jahr 1993] und Versicherungsschein-Nr. 273341798 [Jahr 2000]). Der Kläger verlangt im vorliegenden Rechtsstreit Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit der Versicherungs-Nr. 273341798 [Jahr 2000]. Er hat bei der Beklagten am 21.12.2000 diese Lebensversicherung mit dynamischem Zuwach von Leistung und Beitrag und einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen (Anlage K 1, Bl. 17 ff.: Versicherungsschein vom 21.12.2000 zur Versicherungs-Nr. 273341798). Für die Zeit ab 1.1.2007 bis längstens 31.12.2025 ist für den Fall 50%iger Berufsunfähigkeit eine Rente i.H.v. 663 EUR/Monat vereinbart. In den Vertrag sind die "Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" (BB-BUZ: Anlage B 2, Bl. 121 ff.) und die "Besonderen Bedingungen für Versicherungen mit dynamischem Zuwachs" (Anlage B 3, Bl. 125 ff.) mit einbezogen.

§ 1 BB-BUZ (Anlage B 2, Bl. 121) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1

Was ist versichert?

...

(3) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Wird uns die Berufsunfähigkeit später als drei Monate nach ihrem Eintritt schriftlich mitgeteilt, so entsteht der Anspruch auf die Versicherungsleistungen erst mit Beginn des Monats der Mitteilung.

...".

Der Kläger, der bei der Deutschen Post AG als Kraftfahrzeugführer beschäftigt war und nach einer Wiedereingliederung als Disponent bei der Deutschen Post AG arbeitet, hat bei der Beklagten am 20.1.2007 einen Leistungsantrag gestellt (Anlage B 4, Bl. 129 ff.). In der "Anmeldung von Ansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsvorsorge" (Anlage B 4, Bl. 129 ff.) hat der Kläger als Zeitpunkt seiner eingetretenen Berufsunfähigkeit 17.8.2006 angegeben (Bl. 135).

Der Leistungsantrag vom 20.1.2007 zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsrente lautet unter der Rubrik "Angaben zum Gesundheitszustand" zu den erlittenen "Erkrankungen oder Verletzungen" wie folgt (Anlage B 4, Bl. 129 ff., 134):

  • "Bandscheibenerkrankung - Nachwirkung"
  • "motorische Ausfälle linkes Bein"
  • "Bluthochdruck"

Der Leistungsantrag vom 20.1.2007 (Anlage B 4, Bl. 129 ff.), der damals bezüglich beider BUZ-Versicherungen gestellt wurde, wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 23.5.2007 an den Kläger unter Nennung beider Lebensversicherungs-Nummern mangels vertraglicher Einstandspflicht zurückgewiesen (Anlage K 9, Bl. 56 f.). Die Beklagte hat den Kläger im Schreiben vom 23.5.2007 insbesondere hinsichtlich des Versicherungsvertrags 273341798 auf eine ande...

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