Entscheidungsstichwort (Thema)

Kommanditistenhaftung: Rückforderung nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Ausschüttungen durch Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kommanditisten haften gem. § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB grundsätzlich nicht für Masseverbindlichkeiten und -kosten.

2. Die sekundäre Darlegungslast des Insolvenzverwalters erstreckt sich deshalb auf den Umfang bereits vereinnahmter Rückzahlungen anderer Kommanditisten, die zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung stehen.

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 21.09.2018 (Az. 1 O 235/17) abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

3. Das vorliegende Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H. von110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.750,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der MS "A. S." Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin) Ansprüche auf Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen aus dem Zeitraum vom 27.06.2003 bis zum 04.12.2007 i.H. von insgesamt 6.750,00 EUR (entspricht 45% seiner Beteiligung) gegenüber dem Beklagten geltend.

Dieser war mit einer Kommanditeinlage i.H. von 15.000,00 EUR zunächst als Treugeberkommanditist und später - seit entsprechender Handelsregistereintragung vom 23.08.2005 im Wege der Sonderrechtsnachfolge (vgl. den Handelsregisterauszug GA I 95 i.V.m. GA I 92) - als Direktkommanditist an der Schuldnerin beteiligt.Auf den Zeitraum vor Eintragung des Beklagten in das Handelsregister entfielen unstreitig Ausschüttungen i.H. von insgesamt 4.050,00 EUR (vgl. GA I 15).

Die Jahresabschlüsse der Schuldnerin in den Jahren 2003-2007 wiesen durchweg nicht durch Kommanditeinlagen gedeckte Verluste aus. In diesem Zeitraum erfolgten Entnahmen durch die Kommanditisten i.H. von insgesamt 5.705.000,00 EUR (vgl. GA I 14; unstreitig; vgl. zuletzt GA I 91). Am 12.09.2012 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte am 07.11.2012.

Das von der Schuldnerin betriebene Schiff "MS A S" wurde seitens des Klägers im Februar 2013 zu einem Kaufpreis i.H. von 13.500.000,00 US-$ verkauft, wobei der Kaufpreis zu einer vollständigen Deckung der Darlehensforderung der den Schiffsbau finanzierenden Bank nicht ausreichte.

Ausweislich der vom Kläger vorgelegten, vom 19.04.2018 datierenden Tabelle nach § 175 InsO waren Forderungen i.H. von 14.256.981,31 EUR zur Insolvenztabelle angemeldet worden. In seiner Anspruchsbegründungsschrift vom 07.05.2018 (S. 4; GA I 15) hatte der Kläger - infolge eines Rechenfehlers - zunächst vorgetragen, dass hiervon Forderungen i.H. von 1.416.157,36 EUR festgestellt worden seien, wohingegen die übrigen Forderungen bestritten oder vom Gläubiger zurückgenommen worden seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen landgerichtlichen Urteils vom 21.09.2018 (1 O 235/17; GA I 73 ff.) Bezug genommen.

Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 6.750,00 EUR nebst Zinsen hieraus i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.11.2017 zu bezahlen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Kläger könne von dem Beklagten die Zahlung i.H. von 6.750,00 EUR aus §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 2 HGB verlangen. Dieser habe in den Jahren 2013 bis 2017 Ausschüttungen i.H. von insgesamt 6750,00 EUR erhalten, wodurch die geleistete Einlage herabgemindert worden sei. Es bestünden Forderungen von Gesellschaftsgläubigern mindestens in Höhe der Klageforderung. Vorliegend habe der Kläger eine Insolvenztabelle vorgelegt mit nicht widersprochenen und festgestellten Forderungen von Gesellschaftsgläubigern i.H. von 1.416.107 50,36 EUR, welche aus der Insolvenzmasse nicht befriedigt werden könnten. Der Anspruch auf Rückerstattung der Ausschüttungen bis zur Höhe der Einlage sei auch nicht gemäß § 172 Abs. 5 HGB ausgeschlossen, weil der Beklagte nicht dargetan habe, dass er die Ausschüttungen gutgläubig als Gewinn bezogen habe. Der Anspruch sei auch nicht nach § 398 BGB erloschen, da ein Anspruch des Beklagten gegen den Kläger wegen einer Pflichtverletzung in seiner Funktion als Insolvenzverwalter insoweit nicht ersichtlich sei. Etwaigen Einwendungen des Beklagten wegen behaupteter Zins- und Währungskursmanipulationen stehe § 129 Abs. 1 HGB entgegen. Der Anspruch sei durchsetzbar, da § 214 BGB mangels Verjährung des Klageanspruchs nicht greife. Die fünfjährige ...

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