Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 20.02.1997; Aktenzeichen 4 O 329/96)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilanerkenntnis- und Schlußurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 20.02.1997 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung und Beschwer der Klägerin: 50.000,- DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin, geb. am 30.10.1984 und gesetzt, vertr. d. ihre Eltern, nimmt den Beklagten wegen am 15.01.1996 begangener Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung u.a. auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch. Tatopfer war gleichzeitig ihre etwa gleichaltrige Freundin ... R. Wegen der Einzelheiten des Tatablaufs und der Tatfolgen wird auf das hier angefochtene Urteil des Landgerichts, auf den ärztlichen Befundbericht des Kreiskrankenhauses Reutlingen (Anlagenhülle K 1/1) und insbesondere auf die - im vorliegenden Verfahren unstreitigen - Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils der Jugendschutzkammer des LG Ravensburg verwiesen, durch welches der Beklagte (unter Einbeziehung einer weiteren Vergewaltigung aus dem Jahr 1992) zur Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren und 6 Monaten verurteilt wurde (Beiakte 2 KLs 61/96, Bl. 73-115). Im Strafverfahren wurde die Schuldfähigkeit des Beklagten bejaht.

Wegen der bei dem Verbrechen erlittenen körperlichen Verletzungen der Klägerin, zu denen auch eine - zwar abgeklungene, aber in der Zukunft latent gefährliche - Lebererkrankung wegen Betäubung durch Tetrachlorkohlenstoff gehört, und wegen der bis heute anhaltenden seelischen Schädigungen hat die Klägerin beim Landgericht unbezifferten Schmerzensgeldantrag gestellt (vorgestellte Summe 120.000,- DM, vgl. Bl. 1).

Der Beklagte hat, nachdem er zunächst fehlende bzw. eingeschränkte Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt eingewandt hatte, die Feststellungen des Strafurteils zum "engeren Tathergang" und zu den "Folgen der Tat für die Klägerin" unstreitig gestellt. Die Behauptungen der Klägerin zu seinen Vermögensverhältnissen (Haus, Fabrik, Hobby-Flieger) hat er bestritten und behauptet, das im Miteigentum mit seiner Ehefrau stehende Haus sei verkauft, der Erlös sei für Schuldentilgung und durch Pfändungen des Finanzamtes verbraucht.

Im Termin des Landgerichts vom 30.01.1997 hat der Beklagte den Klaganspruch i.H.v. 40.000,- DM anerkannt und im übrigen Klagabweisung beantragt.

Das Landgericht hat der Klägerin im Teilanerkenntnis- und Schlußurteil insgesamt 70.000,- DM Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit 24.02.1996 zugesprochen und die weitergehende Klage bei einer Kostenbelastung der Klägerin mit 7/12 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Dem Mitopfer ... R. wurde von derselben Kammer des LG Ravensburg ein Schmerzensgeld i.H.v. 60.000,- DM zugesprochen.

Mit der Berufung will die Klägerin die Verurteilung zu weiteren 50.000,- DM erreichen (bezifferter Antrag). Zwar habe die Kammer die Verletzungen und deren Folgen für die Klägerin zutreffend festgestellt, das Schmerzensgeld sei jedoch zu niedrig bemessen. Der Betrag von 70.000,- DM sei insbesondere im Vergleich zu der ... R. zugesprochenen Summe von 60.000,- DM nicht angemessen, da deren Verletzungen und Folgeleiden nicht annähernd mit denen der Klägerin vergleichbar seien. Schon im Strafurteil sei festgestellt, daß die Klägerin deutlich mehr geschädigt sei als ihre Freundin. Die Vergleichsbetrachtung müsse dazu fuhren, der Klägerin einen doppelt so hohen Betrag (= 120.000,- DM) zuzusprechen.

Die Klägerin beantragt (Bl. 79),

den Beklagten über das Urteil des Landgerichts hinaus zur Zahlung weiteren Schmerzensgeldes i.H.v. 50.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit Klagerhebung zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, die zugesprochene Summe liege bereits an der oberen Grenze des Angemessenen. Er sei, wie bereits vorgetragen, inzwischen nach dem Hausverkauf völlig vermögenslos. Die körperlichen Verletzungen der Klägerin seien zwischenzeitlich ausgeheilt. Zum Zustand und der Entwicklung in psychischer Hinsicht fehle in der Berufung jeglicher Vortrag. Auch in Anbetracht vergleichbarer Fälle aus der Rechtsprechung könne eine Erhöhung des Schmerzensgeldes nicht in Betracht kommen.

Die Klägerin erwidert (Bl. 94), sie habe sich bis November 1996 in psychologischer Therapie befunden, diese wegen Erfolglosigkeit derzeit aber ausgesetzt. Ihre psychischen Leiden aufgrund der Tat hätten sich in keiner Weise gebessert sondern eher noch verschlimmert. So habe sie sich z.B. bei einer kürzlich erfolgten Nachuntersuchung im Kreiskrankenhaus ... vehement geweigert, sich von den Ärzten untersuchen zu lassen (Beweis: Zeugnis der Mutter, der Therapeutin M. und der Ärztin Dr. S., Bl. 94).

Auf den Antrag des Beklagten wurde ihm Prozeßkostenhilfe für die Berufung gem. § 119 Satz 2 ZPO bewilligt (vgl. Bl. 93). Die Strafakte des Landgerichts Ravensburg 2 KLs 61/96 war beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber...

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