Leitsatz (amtlich)

Abwehransprüche gegen das Bauvorhaben Dritter werden nicht von der Baurisikoklausel des § 3 Abs. 1 d ARB 95 erfasst. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft zwei getrennte Gebäude umfasst und das zweite Gebäude auf eigene Kosten von anderen Wohnungseigentümern errichtet wird.

 

Normenkette

ARB (95) § 3 Abs. 1 Buchst. d

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 17 O 182/00)

 

Tenor

1.) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des Landgerichtes Stuttgart vom 08.09.2000

abgeändert

und die Beklagte verurteilt,

  1. an die Klägerin 21.608,51 DM nebst 4 % Zinsen hieraus ab dem 16.12.1999 zu bezahlen;
  2. die Klägerin freizustellen von den Kosten, die ihr noch entstehen

    1. als Anwaltskosten für den Rechtsstreit gegen Herrn … und Frau … unter dem Aktenzeichen 10 T 365/98 des Landgerichts Stuttgart für den Fall, dass der Streitwertbeschluss des Landgerichts mit einem Beschwerdewert von 300.000,00 DM durch das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigt wird;
    2. im Verfahren der weiteren Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 11.08.1999 in vorbezeichneter Angelegenheit, geführt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart unter dem Aktenzeichen 8 W 489/99.

2.) Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites in beiden Rechtszügen zu tragen.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung und Beschwer der Beklagten:

28.000,00 DM

 

Gründe

I.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht seit dem 11. Juni 1996 ein Rechtsschutzversicherungsvertrag. Daraus nimmt die Klägerin die Beklagte in Anspruch.

Gegenstand des u.a. vereinbarten Grundstückrechtsschutzes ist die … gelegene Eigentumswohnung der Klägerin. Beim Erwerb dieser im Erdgeschoss gelegenen Wohnung des dortigen Drei-Familienhauses mit Kaufvertrag vom 27.05.1994 wusste die Klägerin, dass der vormalige Alleineigentümer des Gesamtgrundstückes das Grundstück in sechs Wohnungseigentumsrechte aufgeteilt hatte. Drei Wohnungseigentumsrechte befanden sich in einem zum damaligen Zeitpunkt nur geplanten zweiten Drei-Familienhaus … welches auf dem Gesamtgrundstück neben dem bereits bestehenden Haus noch errichtet werden sollte.

Eine entsprechende vorläufige Teilungsgenehmigung lag vor.

Der vormalige Alleineigentümer veräußerte im Frühjahr 1996 die in seinem Eigentum noch befindlichen Wohnungseigentumsrechte an dem noch nicht errichteten Gebäude. Die Bauausführung hatten die Erwerber auf eigene Kosten durchzuführen. In einer privatschriftlichen Vereinbarung vor Abschluss dieses Kaufvertrages, welche von allen zukünftigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft unterschrieben wurde, hat sich die Klägerin mit bestimmten Änderungen und Erweiterungen des Bauvorhabens … der neuen Eigentümer einverstanden erklärt, im Gegenzug wurden dort auch Erweiterungen ihres Sondernutzungsrechtes behandelt.

Im Zuge der Errichtung des Hauses … kam es dann zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern. Für drei dieser Verfahren, wobei zwei in zweiter Instanz abgeschlossen wurden, das dritte ist in der weiteren Beschwerde beim Oberlandesgericht anhängig, begehrt die Klägerin Rechtsschutz. Die Beklagte hat diesen mit Hinweis auf die Baurisikoklausel des § 3 Abs. 1 d der vereinbarten ARB 95 verweigert. Sie ist ferner der Auffassung, die Streitigkeiten seien schon vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung durch die privatschriftliche Vereinbarung im Frühjahr 1996 bzw. durch die bereits im Jahre 1994 eingeholte Baugenehmigung durch den vormaligen Alleineigentümer ausgelöst worden. Sie beruft sich diesbezüglich auf den zeitlichen Ausschluss des § 4 Abs. 1 c, Abs. 3 a ARB 95; die hier vereinbarten ARB 95 entsprechen in den angesprochenen Abschnitten den ARB 94.

II.

Die Klage erweist sich als zulässig und begründet.

1.)

Der von der Beklagten mit der Klägerin geschlossene Vertrag umfasst ausdrücklich den Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz für die streitgegenständliche Wohnung der Klägerin. Die Klägerin machte diesbezüglich Schadensersatzansprüche und Abwehransprüche geltend, diese sind vom Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz gemäß § 2 c und § 29 ARB unstreitig mit umfasst (Harbauer 6. Auflage § 2 ARB 94 RZ 5 und § 29 ARB 94 RZ 1–3). Die sonstigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Beklagten als Rechtsschutzversicherer der Klägerin liegen ebenfalls vor. Der Umstand, dass die Klägerin nunmehr nicht mehr Eigentümerin der Wohnung ist, hatte auf die Rechtsstreite, für die die Klägerin Deckungsschutz gewährt, keinen Einfluß (§ 265 ZPO).

2.)

Entgegen der Auffassung der beklagten Versicherung ist die Gewährung von Rechtsschutz nicht durch § 3 Abs. 1 d ARB 95 ausgeschlossen. Abwehransprüche gegen das Bauvorhaben Dritter werden nicht von der Baurisikoklausel des § 3 Abs. 1 d ARB 95 erfasst. Daran ändert sich nach Auffassung des Senates auch dann nichts, wenn in einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, die aus zwei getrennten Gebäuden besteht, das zweite Gebäude zwar au...

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