Verfahrensgang

LG Stuttgart (Entscheidung vom 24.03.2011; Aktenzeichen 25 O 191/10)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 24.03.2011 (Az.: 25 O 191/10) wird

    zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • 3.

    Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

  • 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 725.000 €

 

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die beklagte Bank auf Ausgleich erlittener Verluste wegen einer fehlerhaften Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Swap-Vertrages in Anspruch.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Zahlungs- und Feststellungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat einen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung des Anlagebetrages unter Abzug erzielter Gewinne in Höhe von insgesamt 192.555,25 € sowie einen Anspruch auf Feststellung, dass die Klägerin an die Beklagte keine weiteren Zahlungen aus dem Swap-Vertrag leisten müsse, bejaht. Die Beklagte habe ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt. Aufgrund ihrer besseren Marktkenntnis habe sie eine andere Bewertung des Zinsänderungsrisikos vorgenommen, als sie dies gegenüber der Klägerin offen gelegt habe. Die Beklagte habe nicht darauf hingewiesen, bei Abschluss des Geschäfts bzw. bei Abschluss des Gegengeschäfts eine Marge in Höhe von 1,95 % des Bezugsbetrags (58.500 €) vereinnahmt zu haben, welche mit Hilfe entsprechend modellierter Parameter der Swap-Vereinbarung "einstrukturiert" worden sei, weshalb der Swap-Vertrag anfänglich einen in Höhe dieser Marge negativen Marktwert gehabt habe. Somit habe die Klägerin nicht erkennen können, in welcher Höhe sich die Beklagte ihre Tätigkeit vergüten lasse und wie diese die Marktänderungsrisiken tatsächlich einschätzte. Unerheblich sei, in welcher konkreten Höhe eine Provision einstrukturiert worden sei und ob es sich um einen einfacheren oder komplexeren Zinsswap handele. Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwertes sei eine sachgerechte Anlageentscheidung nicht möglich.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts, welches dem Beklagtenvertreter am 30.03.2011 zugestellt wurde, Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte mit dem am 16.04.2011 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.06.2011 - mit dem am 30.06.2011 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klageanträge weiter.

Die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass die Klägerin umfassend über sämtliche Risiko- und Strukturmerkmale des Swap-Vertrages aufgeklärt worden sei. Das begrenzte Risiko, nämlich ca. 0,5 oder 0,6 % höhere Zinsen als die damals marktüblichen zu zahlen, wenn bestimmte Zinsschranken durchbrochen würden, sei von der Beklagten im einzelnen geschildert und die Entwicklungsszenarien seien besprochen worden. Auch habe der Mitarbeiter der Klägerin aufgrund seiner Ausbildung als Bankkaufmann und als geprüfter Bilanzbuchhalter über ein überragendes Sachwissen im Bereich der Finanzierung und der Zinssicherung verfügt. Einer solchen Aufklärung hätte es nicht bedurft, da mit der Klägerin im Vorfeld der Zeichnung andere vergleichbare Produkte besprochen worden seien und die Klägerin ein vergleichbares Derivat bereits bei einer anderen Bank gezeichnet habe. Zudem habe die Klägerin bereits Spekulationsgeschäfte getätigt gehabt (z.B. hochriskante Optionsgeschäfte in fremden Währungen und Derivategeschäfte zur Währungsabsicherung). Die Möglichkeit der vorzeitigen Glattstellung und der in diesem Fall auszugleichende, möglicherweise negative Marktwert sei besprochen worden. Da die Beklagte das Derivat sofort und komplett "durchgehandelt" habe, habe sie nicht gegen ihren Kunden "gewettet", ein Interessenkonflikt habe nicht bestanden.

Das Gesamtinvestitionsvolumen der Klägerin zeige, dass der Nominalbetrag des Derivats nicht wider die Interessen der Klägerin festgesetzt worden sei. Mit dem Swap-Vertrag habe sich die Klägerin gegen den künftig zu erwartenden Anstieg des Marktzinsniveaus absichern wollen. Dieser Zweck des Swap-Vertrages sei von der Klägerin vereitelt worden, indem sie ihre späteren Investments abredewidrig zu Festzinskonditionen finanziert habe. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin die Beklagte während der Verhandlungen über den Swap-Vertrag über Änderungen ihres Investitionsvorhabens nicht informiert habe. Dadurch sei der der Swap-Vertrag wirtschaftlich sinnlos und die Bewertungseinheit (Grund- und Sicher...

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