Leitsatz (amtlich)

Nach Abschluss eines Verfahrens kann ein bedürftiger Beteiligter im Rahmen der Prüfung von Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht mehr auf einen Anspruch auf einen Verfahrenskostenvorschuss verwiesen werden.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Balingen (Beschluss vom 03.08.2011; Aktenzeichen 3 F 151/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Balingen - vom 3.8.2011 - 3 F 151/11 - abgeändert.

Dem Antragsteller wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für den ersten Rechtszug mit Wirkung zum 12.7.2011 unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt.

Von der Erhebung einer Beschwerdegebühr wird abgesehen.

 

Gründe

I. Der am 31.12.1995 geborene Antragsteller ist das eheliche Kind des Antragsgegners aus dessen geschiedener Ehe mit der gesetzlichen Vertreterin des Antragstellers. Er machte durch Anwaltsschriftsatz vom 7.6.2011 im Wege der einstweiligen Anordnung rückständigen und laufenden Kindesunterhalt in Höhe eines Festbetrages von 334 EUR ab dem 1.6.2011 geltend. Im Verhandlungstermin vom 12.7.2011 beantragte er Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, ihm wurde Frist zur Vorlage der VKH-Erklärung einschließlich der dazugehörigen Belege bis zum 29.7.2011 eingeräumt. In diesem Termin beendeten die Beteiligten das Verfahren durch Abschluss eines Vergleichs. Nach Eingang der Unterlagen bewilligte das Familiengericht Verfahrenskostenhilfe mit Ratenzahlungsverpflichtung von 75 EUR im Hinblick auf einen entsprechenden Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen seine Mutter.

Mit der sofortigen Beschwerde begehrt der Antragsteller den Wegfall der Ratenzahlungsverpflichtung.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Verfahrenskostenhilfe erhält nicht, wer einen kurzfristig durchsetzbaren Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss hat. Dieser Anspruch rechnet zum Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 2 ZPO und beseitigt die Bedürftigkeit des Beteiligten. Er kann sich bei minderjährigen Kindern gegen beide Elternteile richten, also auch gegen den betreuenden Elternteil, welcher das Kind im Unterhaltsverfahren gegen den anderen Elternteil vertritt. Ist der insoweit unterhaltspflichtige Elternteil allerdings selbst nur in der Lage, den Verfahrenskostenvorschuss in Raten zu bezahlen, kann und muss dem bedürftigen Beteiligten Verfahrenskostenhilfe gegen Ratenzahlung in gleicher Höhe gewährt werden (BGH FamRZ 2004, 1631).

Da es sich bei dem Anspruch gegen die Eltern allerdings um einen Vorschussanspruch handelt, besteht dieser nur vor und während eines Verfahrens, nicht mehr dagegen nach dessen Abschluss (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Geißler, 8. Aufl. 2011, Kap. 16, Rz. 204; Wendl/Scholz, 7. Aufl. 2008, Kap. 6, Rz. 31.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bestand somit kein Anspruch des Antragstellers auf Leistung eines Verfahrenskostenvorschusses gegen seine Mutter, so dass er grundsätzlich auch nicht auf einen solchen verwiesen werden kann. Ob aus einem solchen Vorschussanspruch später ein Schadensersatzanspruch entstehen kann (so OLG Köln FamRZ 1991, 842 mit ablehnender Anm. Knops), kann dahinstehen, da einerseits keine rechtzeitige Inverzugsetzung erfolgt war und andererseits auch kein Verschulden hinsichtlich der nicht rechtzeitigen Geltendmachung ersichtlich ist. Dies könnte nur angenommen werden, wenn dem Antragsteller vorwerfbar die Möglichkeit des Vorgehens gegen seine Mutter noch vor Beendigung des Verfahrens, somit vor Abschluss des Vergleichs vom 12.7.2011 bekannt gewesen wäre. Davon kann bei einem 5-jährigen Kind nicht ausgegangen werden. Eine eventuelle Kenntnis der gesetzlichen Vertreterin im Unterhaltsverfahren gereicht ihm nicht zum Nachteil, da diese aus Rechtsgründen den Anspruch gegen sich selbst nicht hätte geltend machen können. Einen Ergänzungspfleger zur Wahrung der entsprechenden Rechte des Antragstellers hat das Familiengericht nicht bestellt.

Da der Antragsteller somit keine Möglichkeit hatte und auch nach Abschluss des Verfahrens künftig nicht mehr hat, einen Vorschuss auf die Verfahrenskosten geltend zu machen, ist ihm Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu gewähren (Wendl/Scholz, a.a.O., Rz. 33a).

Da die Beschwerde erfolgreich war, ist eine Beschwerdegebühr nicht zu erheben. Gemäß §§ 113 FamFG; 127 Abs. 4 ZPO findet eine Kostenerstattung nicht statt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2761735

FamRZ 2012, 318

FuR 2012, 153

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