Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Pauschgebührenanspruchs (§ 51 RVG) eines bestellten Beistandes. Verteidigers ist nicht in analoger Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG auf das Doppelte der Höchstgebühr eines Wahlverteidigers begrenzt. Mord. Antrag des Beistandes der Nebenklageberechtigten auf Bewilligung einer Pauschgebühr. Dem gerichtlich bestellten Beistand der Nebenklageberechtigten

 

Normenkette

RVG §§ 42, 51

 

Verfahrensgang

StA Stuttgart (Aktenzeichen 117 Js 86614/00)

 

Tenor

Dem gerichtlich bestellten Beistand der Nebenklageberechtigten

RA …

wird für die Vertretung der Nebenklageberechtigten im vorbereitenden Verfahren eine Pauschgebühr in Höhe von

2.116,00 EUR

(in Worten: zweitausendeinhundertsechzehn Euro)

bewilligt.

Der weitergehende Antrag wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

Die Ansprüche des Beistandes der Nebenklageberechtigten auf Erstattung von Auslagen und Mehrwertsteuer bleiben unberührt. Festgesetzte oder schon ausbezahlte Gebühren sind anzurechnen.

 

Tatbestand

I.

Am 30. Oktober 2000 wurde der 11-jährige X getötet. In dem bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen C.V. geführten Ermittlungsverfahren legitimierte sich der Antragsteller am 15. Juni 2001 als Beistand der Eltern. Mit Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 31. August 2006 wurde er gemäß §§ 406 g Abs. 3 Nr. 1, 397 a Abs. 1 StPO als deren Beistand bestellt. Am 21. September 2006 stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Ermittlungen ein. Auf die am 4. Oktober 2006 durch den Antragstellter eingelegte und am 15. November 2006 begründete Beschwerde wurden das Ermittlungsverfahren wieder aufgenommen und weitere Ermittlungen durchgeführt. Am 27. Februar 2007 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren erneut ein. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart am 13. Juni 2007 zurückgewiesen. Gegen den letztgenannten Bescheid hat der Antragsteller für die Eltern des getöteten Kindes ein Klageerzwingungsverfahren mit dem Ziel angestrengt, die Erhebung der öffentlichen Anklage gegen den Beschuldigten wegen Mordes anzuordnen. Dieser Antrag wurde durch Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. Juni 2007 als unbegründet verworfen.

Der Antragsteller hat die Bewilligung einer Pauschgebühr in Höhe von 5.000,– EUR beantragt. Er trägt vor, bei dem Ermittlungsverfahren habe es sich um eine besonders umfangreiche und schwierige Strafsache gehandelt. Das Aktenstudium sei wegen der vorliegenden verschiedenen Sachverständigengutachten äußerst zeitaufwändig gewesen. Die Akten hätten mehrfach aus Anlass der beiden Beschwerdebegründungen und der Begründung für das Klageerzwingungsverfahren intensiv durchgearbeitet werden müssen. Begleitend seien über die Jahre mehrere mehrstündige Besprechungen mit den seinerzeitigen Ermittlungsbeamten und den Eltern des getöteten Kindes erforderlich gewesen. Ferner habe er mehrere Besprechungen mit einem von der Staatsanwaltschaft Stuttgart Anfang 2006 vernommenen weiteren Zeugen durchgeführt.

Der Vertreter der Staatskasse tritt der Zubilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG dem Grunde nach nicht entgegen. Er verweist darauf, dass der gesetzliche Gebührenanspruch bei 244,– EUR liege (Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG sowie Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4104 VV RVG). Die Höchstgebühren eines Wahlverteidigers bildeten grundsätzlich bei der Bemessung der Pauschgebühr die Obergrenze. Auch wenn die Vergütung des Pflichtverteidigers nach dem gesetzgeberischen Willen keinen vollen, sondern nur einen billigen Ausgleich für die entfaltete Tätigkeit darstelle, könne analog § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG die für einen Wahlverteidiger höchstmögliche Pauschgebühr, somit 1.100,– EUR festgestellt werden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 RVG liegen vor, da das Verfahren besonders umfangreich und schwierig war und der gesetzliche Gebührenanspruch nicht zumutbar ist. Sowohl der Umfang der Ermittlungsakten wie auch die Dauer des Verfahrens weichen von üblichen Ermittlungsverfahren gravierend nach oben ab. Der vom Antragsteller zu betreibende Aufwand war erheblich, da über die Jahre eine mehrfache Einarbeitung in den Sachverhalt und die erhobenen Beweismittel vonnöten war. Darüber hinaus war der Verfahrensstoff komplex. Es wurden eine Vielzahl von Sachverständigengutachten zu Art und Lage der Tatortspuren sowie zum Todeszeitpunkt eingeholt. Mehrere Einlassungen des Beschuldigten gegenüber den Ermittlungsbehörden und Äußerungen gegenüber Medien waren zu würdigen. Dies erwies sich als äußerst schwierig, da die intellektuelle Leistungsfähigkeit des Beschuldigten nach dem eingeholten jugend-psychiatrischen Sachverständigengutachten im Grenzbereich zwischen Lernbehinderung und geistiger Behinderung liegt und seine Aussagen dem entsprechend „teils wirr und konfus” – so der Sachverständige – waren.

Die gesetzlichen Gebühren betragen – wie vom Vertreter der Staatskasse zutreffend festgestellt – 244,– EUR (Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG sowie Nr. 4104 VV RVG). Die vom Antragsteller darüber ...

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