Leitsatz (amtlich)

Nach Abschluss einer Stufe ist das Stufenklageverfahren auch auf Antrag des Beklagten fortzusetzen. Das Rechtsschutzinteresse für einen solchen Antrag fehlt jedoch, solange noch ein Vollstreckungsverfahren anhängig ist.

 

Normenkette

ZPO § 254

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 06.03.2012; Aktenzeichen 38 O 101/10 KfH)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 38. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 6.3.2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit Teilurteil vom 10.10.2011 verurteilte das LG die Beklagten zu einer Zahlung von 20.413,32 EUR nebst Zinsen und erhielt sein Versäumnisurteil vom 29.12.2010 aufrecht, mit welchem die Beklagten zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt worden waren. Mit Schriftsatz vom 26.10.2011 stellte der Kläger beim LG den Antrag, ihn zu ermächtigen, den Buchauszug auf Kosten der Beklagten erstellen zu lassen und die Beklagten zu einer Vorschusszahlung von 10.000 EUR zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 30.11.2011 bat der Kläger, die Entscheidung über seinen Antrag zurückzustellen. Mit Beschluss vom 6.3.2012 wies das LG einen Antrag der Beklagten auf Fortsetzung des bei ihm anhängigen Stufenklageverfahrens zurück. Mit ihrer sofortigen Beschwerde wenden sich die Beklagten gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Fortsetzung des Verfahrens.

II. Die nach allgemeiner Meinung (vgl. etwa Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 216 Rz. 27 mit Rechtsprechungsnachweisen) zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Sie haben derzeit keinen Anspruch auf Bestimmung eines Termins im Stufenverfahren durch das LG.

1. In einem Verfahren nach § 254 ZPO ist sukzessive über jede Stufe zu verhandeln, wobei das Verfahren über die nächste Stufe erst eingeleitet werden kann, wenn - sofern nicht Erledigung eingetreten ist - das Urteil über die vorangegangene Stufe Rechtskraft erlangt hat (BGH WM 2002, 446).

Diese Rechtskraft ist eingetreten. Die Beklagten legten zwar gegen das Teilurteil des LG vom 10.10.2011 Berufung ein, dies jedoch nicht umfassend, sondern beschränkt auf ihre Verurteilung zur Zahlung von 20.413,32 EUR nebst Zinsen. Dass die Beklagten diese Zahlungsverpflichtung in eine Gesamtberechnung einbeziehen, ist entgegen der Auffassung des Klägers unerheblich. Die Verpflichtung zur Zahlung der 20.413,32 EUR nebst Zinsen besteht unabhängig von sich aus dem Buchauszug eventuell ergebenden weiteren Zahlungsverpflichtungen der Beklagten und berührt sie nicht.

2. Nach Abschluss einer Stufe ist das Verfahren nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag einer Partei fortzusetzen (allg. M.; a.A. nur Becker-Eberhard in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 254 Rz. 23). Diesen Antrag kann nicht nur der Kläger, sondern auch der Beklagte stellen (OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 1224; OLG Brandenburg FamRZ 2006, 1772; OLG Koblenz FamRZ 2004, 1732; OLG Zweibrücken FamRZ 1983, 1154; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 254 Rz. 21, 24 und 30; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 254 Rz. 48; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 254 Rz. 11; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 32. Aufl., § 254 Rz. 8; Prütting/Gehrlein/Geisler, ZPO, 3. Aufl., § 254 Rz. 12; Saenger, ZPO, 2. Aufl., § 254 Rz. 13; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 254 Rz. 21 und wohl auch Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 254 Rz. 4). Der Beklagte, der in das Verfahren hineingezogen wurde, hat Anspruch darauf, dass dieses zum Abschluss gebracht wird, zumal - richtigerweise - über dessen Kosten noch nicht entschieden wurde (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Der Beklagte hat zudem nicht nur Anspruch auf einen Kostentitel, sondern im Hinblick auf deren Rechtskraft auch auf eine Sachentscheidung bzw. ein abweisendes Prozessurteil, wenn der Kläger den Leistungsantrag nicht beziffert. Das Unterbleiben einer im Falle der Nichtbezifferung abweisenden Entscheidung beschwert den Beklagten (OLG Zweibrücken, a.a.O.). Er braucht daher nicht eine negative Feststellungsklage anzustrengen, um Klarheit zu erhalten (so aber Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., unter Verweis auf AG Korbach FamRZ 2001, 552).

Da der Kläger die Möglichkeit hat, zur zweiten Stufe überzugehen und vor deren Erledigung nicht zur Bezifferung gezwungen werden kann, weswegen der ursprüngliche Antrag der Beklagten, das Verfahren in der dritten Stufe fortzusetzen, ohnehin keinen Erfolg haben könnte, der Kläger selbst nach Einleitung der dritten Stufe unter bestimmten Umständen nochmals zur Vollstreckung des Teilurteils über die erste Stufe zurückkehren kann (LAG Bremen MDR 1998, 183) und er sich für den Fall, dass die Auskunft nicht zu seinen Gunsten ausfällt und der Beklagte durch sein Verhalten Anlass zur Klage gab, prozessual von der Kostentragungspflicht befreien kann (vgl. etwa Becker-Eberhard in MünchKomm/ZPO, a.a.O., Rz. 26 f.), wird er durch das Recht des Beklagten, Fortsetzung des Verfahrens verlangen zu können, nicht benachteiligt.

3. Doch ist dem Erfordernis, dass die ...

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