Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegfall der Höchstbetragsregelung im SGB VI und Übergangsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Die Höchstbetragsregelung im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich gilt auch nach dem 1.9.2009 für Versorgungsausgleichsentscheidungen, die nach dem bis 31.8.2009 geltenden Recht zu beurteilen sind.

 

Normenkette

BGB § 1587b Abs. 5; SGB VI § 76 Abs. 2 S. 3; VaStrRefG Art. 4 Nr. 3a, Art. 23

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Urteil vom 25.01.2010; Aktenzeichen 27 F 1985/07)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.01.2011; Aktenzeichen XII ZB 195/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Finanzverwaltungsamts Schleswig-Holstein gegen Ziff. 2 des Urteils des AG - Familiengericht - Stuttgart vom 10.11.2009 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses vom 25.1.2010 (Az. 27 F 1985/07) wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 2000 EUR

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 12.9.1995 in ... die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 1.12.2007 zugestellt.

In der für die Berechnung des Versorgungsausgleichs maßgeblichen Ehezeit vom 1.9.1995 bis 30.11.2007 haben beide Parteien Rentenanwartschaften, der Antragsteller darüber hinaus bei der Beschwerdeführerin Beamtenversorgungsanrechte erworben. Im Einzelnen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Im Scheidungsverbundverfahren hat das Familiengericht den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass es zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Finanzverwaltungsamt Schleswig-Holstein auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund monatliche Rentenanwartschaften i.H.v. 489,25 EUR, bezogen auf das Ehezeitende, begründet hat. Es hat sich an der Ausgleichung des errechneten Ausgleichsbetrags von 588,73 EUR in Höhe des Teilbetrags von 99,48 EUR wegen Überschreitung des Höchstbetrages gem. § 1587b Abs. 5 BGB, § 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI gehindert gesehen und hat den Parteien insoweit den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Das Urteil wurde dem Finanzverwaltungsamt Schleswig-Holstein am 29.1.2010 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 10.2.2010, beim OLG Stuttgart eingegangen am 12.2.2010, hat das Finanzverwaltungsamt Schleswig-Holstein gegen die im Urteil erfolgte Regelung des Versorgungsausgleichs Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Beschwerdeführerin rügt, die Höchstbetragsregelung im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich sei mit Wirkung vom 1.9.2009 entfallen. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich sei in vollem Umfang im Wege des Einmalausgleichs durchzuführen.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat sich der Auffassung der Beschwerdeführerin angeschlossen. Die weiteren Beteiligten haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung. Die tatsächlichen Grundlagen sind geklärt. Eine erneute Anhörung würde keine neuen Erkenntnisse erbringen und ist daher entbehrlich (vgl. BGH NJW 1983, 824).

II. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten Ziff. 1 ist gem. §§ 621e, 621 Nr. 6 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Da das Scheidungsverfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist und weder Abtrennung noch Aussetzung erfolgt sind, ist das zum Ehezeitende geltende materielle und verfahrensrechtliche Recht anzuwenden (§ 48 Abs. 1, Abs. 2 VersAusglG).

1. Die für den Versorgungsausgleich relevante Ehezeit bestimmt sich auf die Zeit von 1.9.1995 bis 30.11.2007 (§ 1587 Abs. 2 BGB). Innerhalb dieser Zeit haben die Eheleute folgende Anrechte erworben:

Der Antragsteller:

  • bei der Deutschen Rentenversicherung Bund 50,06 EUR
  • beim Finanzverwaltungsamt Schleswig-Holstein 1.281,76 EUR

insgesamt 1.331,82 EUR

Die Antragsgegnerin:

  • bei der Deutschen Rentenversicherung Bund 154,37 EUR

Damit errechnet sich, vom AG zutreffend festgestellt, ein Differenzbetrag i.H.v. 1.177,45 EUR, der hälftig i.H.v. 588,73 EUR zu Lasten des Antragstellers durch Quasisplitting (§ 1587b Abs. 2 BGB) auszugleichen ist.

2. Der unbeschränkten Gesamtausgleichung in Höhe des vorstehend errechneten Ausgleichsbetrags steht die Höchstbetragsregelung (§ 1587b Abs. 5 BGB, § 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI) entgegen.

a. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Limitierung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs durch den Höchstbetrag in Altfällen weiterhin beachtlich. Der in § 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI definierte Höchstbetrag, auf den der für Altfälle weiterhin geltende § 1587b Abs. 5 BGB Bezug nimmt, ist zwar durch Art. 4 Nr. 3a VAStrRefG ersatzlos weggefallen. Diese Bestimmung ist nach Art. 23 VAStrRefG zum 1.9.2009 in Kraft getreten, ohne dass das VAStrRefG hierzu eine dem § 48 VersAusglG bzgl. des materiellen und verfahrensrechtlichen Versorgungsausgleichsrechts vergleichbare Übergangsregelung getroffen hätte.

Über den Wortlaut der gesetzlich...

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