Leitsatz (amtlich)

1. Wenn bei gleichen Parteien die Hauptsacheklage hinter dem Verfahrensgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens zurückbleibt, sind dennoch die gesamten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens notwendige Kosten i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO und nach der Kostenregelung des Hauptsacheverfahrens aufzuteilen, außer es wurde im Hauptsacheverfahren nach § 96 ZPO Gebrauch gemacht (Anschluss an BGH BauR 2004, 1485; BauR 2004, 1487; v. 18.12.2002 - VIII ZB 97/02, MDR 2003, 596 = BGHReport 2003, 643 = NJW 2003, 1322; v. 27.2.1996 - X ZR 3/94, MDR 1996, 893 = NJW 1996, 1749 [1751]; Aufgabe der bisherigen Rspr. des OLG Stuttgart).

2. Verfahrensidentität zwischen dem selbständigen Beweisverfahren und dem Hauptsacheverfahren liegt auch vor, wenn der Gegestand des Beweisverfahrens eine Anspruchvoraussetzung (hier: Abnahmefähigkeit) für die Klage des Gegners des selbständigen Beweisverfahrens betrifft und erst nach schlüssiger Klage und erheblichem Bestreiten das Beweisergebnis im Hauptsacheprozess zu verwerten ist.

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Beschluss vom 02.04.2004; Aktenzeichen 6 O 242/03 Ha)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des LG Heilbronn v. 2.4.2004 für die erste Instanz wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 2.583,24 Euro.

 

Gründe

I. Die Beklagten, die die Klägerin mit der Herstellung eines schlüsselfertigen Reiheneckhauses beauftragt hatten, führten gegen die Klägerin vor dem LG Heilbronn unter dem Aktenzeichen 6 OH 224/99 Ha ein selbständiges Beweisverfahren durch. Hintergrund waren die Auseinandersetzungen der Parteien über die Abnahmefähigkeit des Werks der Klägerin und die Absicht der Beklagten, auf Kosten der Klägerin eine Ersatzvornahme zu veranlassen.

Noch während des laufenden selbständigen Beweisverfahrens verlangte die Klägerin nach der Durchführung des Mahnverfahrens von den Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns mit der Behauptung, die von den Beklagten gerügten Mängeln stünden einer Abnahme nicht entgegen; Abnahmereife sei eingetreten. Mit Urteil des LG Heilbronn v. 5.8.2003 wurde die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen und es wurden der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, weil ausweislich der Begutachtung im selbständigen Beweisverfahren die Klägerin nicht beweisen konnte, sie habe den erforderlichen und geschuldeten Schallschutz eingehalten. Zu den Kosten des selbständigen Beweisverfahrens wurde im Urteil darauf hingewiesen, dass die Erstattungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen sei. Die dagegen eingelegte Berufung wurde zurückgenommen.

Auf Antrag der Beklagten setzte die Rechtspflegerin beim LG Heilbronn mit Beschl. v. 2.4.2004 die für die erste Instanz zu erstattenden Kosten mit 14.583,24 Euro fest, wobei im festgesetzten Betrag Gerichtskosten aus dem beigezogenen selbständigen Beweisverfahren, AZ: 6 OH 224/99 Ha, i.H.v. 11.513,65 Euro enthalten sind. Die Erstattung betrifft die den Beklagten von der Klägerin zu erstattenden Kosten. Gegen diesen der Klägerin am 13.4.2004 zugestellten Beschluss hat sie am 21.4.2004 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Klägerin ist der Ansicht, angesichts der gerügten, zu einem erheblichen Teil im selbständigen Beweisverfahren nicht bestätigten Mängel dürften die im selbständigen Beweisverfahren angefallenen Kosten nur zum Teil berücksichtigt werden. Ein nicht unerheblicher Teil der durch den Sachverständigen verursachten Gerichtskosten sei nicht notwendig gewesen. Deshalb dürfe von diesen Kosten jedenfalls ein Betrag i.H.v. 2.583,24 Euro nebst Zinsen nicht als zu erstattender Betrag festgesetzt werden. Die Rechtspflegerin beim LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG mit Verfügung v. 6.10.2004 vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache unbegründet.

1. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gehören zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens. Sie werden von der darin zu treffenden Kostenentscheidung mit umfasst (BGH BauR 2004, 1485; BauR 2004, 1487; v. 18.12.2002 - VIII ZB 97/02, MDR 2003, 596 = BGHReport 2003, 643 = NJW 2003, 1322; v. 27.2.1996 - X ZR 3/94, MDR 1996, 893 = NJW 1996, 1749 [1751]). Dies gilt auch dann, wenn die Hauptsacheklage hinter dem Verfahrensgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens zurückbleibt. In diesem Fall können im Hauptsacheverfahren dem Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 96 ZPO die durch den überschießenden Teil des selbständigen Beweisverfahrens entstandenen Kosten auferlegt werden (BGH BauR 2004, 1485; v. 18.12.2002 - VIII ZB 97/02, MDR 2003, 596 = BGHReport 2003, 643 = NJW 2003, 1322; BauR 2004, 1487).

An seiner abweichenden bisherigen Rechtsprechung (OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.10.1981, Die Justiz 1982, 127; Beschl. v. 15.12.1981, Die Justiz 1982, 157) hält der Senat nicht mehr fest.

Von der Möglichkeit, bei der Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung des § 96 ZP...

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