Leitsatz (amtlich)

Zum Abspaltungsverbot im Vereinsrecht: Ein Verstoß gegen das Abspaltungsverbot führt zur Nichtigkeit einer Regelung in einer Vereinssatzung, mit der Organschaftsrechte (hier: Stimm- und Wahlrechte) übertragen werden von einem Vereinsmitglied, das eine juristische Person ist, auf die ihm angeschlossenen Unternehmen, die insoweit jeweils den Status eines ordentlichen Mitglieds erhalten sollen. Die dadurch bewirkte Vervielfachung des abgespaltenen Stimmrechts führt nicht nur zu einer Ungleichbehandlung der übrigen ordentlichen Mitglieder, sondern unter Umständen sogar zu ihrer Entrechtung.

 

Normenkette

BGB §§ 38, 40

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Beschluss vom 27.01.2010; Aktenzeichen VR 720479)

 

Tenor

Auf die befristete Beschwerde des Antragstellers wird die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin des AG Stuttgart - Registergericht - vom 27.1.2010 - VR 720479, aufgehoben.

Die Registersache wird zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit über die Anmeldung zur Eintragung in das Vereinsregister vom 17.12.2009 betreffend Satzungsänderung/-neufassung und Vorstandsänderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das AG Stuttgart - Registergericht - (VR 720479) zurückgegeben.

 

Gründe

1. Auf die Anmeldung zur Eintragung der Neufassung der Vereinssatzung des Antragstellers in das Vereinsregister hat das AG Stuttgart - Registergericht - mit der Zwischenverfügung vom 27.1.2010 unter Ziff. 1.) beanstandet:

"In § 3 Ziff. 2 der eingetragenen ("alten") Satzung wird Mitgliedern einer juristischen Person (Fachmitglied), welche als solche Mitglied des ... Taxiverbands e.V. ist (hier also die TAZ), das Stimm- und Wahlrecht eines ordentlichen Mitglieds eingeräumt. Dieser Teil des § 3 ist in der eingereichten Neufassung der Satzung nicht mehr vorhanden. Somit sind die Mitglieder der TAZ nach der Neufassung der Satzung in ihrem Stimm- und Wahlrecht gänzlich beschnitten. Es ist erforderlich, dass die Mitglieder der TAZ dem Wegfall des § 3 Ziff. 2 der eingetragenen Satzung zustimmen. Die Zustimmungserklärungen sind dem Registergericht vorzulegen."

In § 3 Ziff. 2 der eingetragenen Satzung heißt es:

"Fachmitglieder des Verbandes können werden: Taxi-/Mietwagen-Fachverbände, die ihren Sitz und ihren Wirkungsbereich innerhalb des unter § 1 genannten Tätigkeitsbereiches haben. Fachmitglieder als juristische Personen haben selbst keine Stimmrechte und keine aktiven und passiven Wahlrechte. Diese gehen bei Fachmitgliedern auf die dem Fachmitglied angeschlossenen Taxi-/Mietwagenunternehmer über und erzeugen bei diesen für das Stimm- und Wahlrecht den Status eines ordentlichen Mitglieds, wobei keine Doppelmitgliedschaft eintritt (z.B. als eingetragenes ordentliches Mitglied des Verbandes daselbst und gleichzeitiger Zugehörigkeit eines Fachmitglieds). Fachmitglieder sind beitragspflichtig."

In § 10 Ziff. 7 und 8 ist geregelt:

"Stimmrechtsübertragung ist ausgeschlossen."

"... Abstimmungsberechtigt sind alle anwesenden ordentlichen Mitglieder. Jedes Mitglied hat eine Stimme."

Zur Erledigung dieser und noch weiterer Beanstandungen wurde eine Frist von sechs Wochen gesetzt, eine Rechtsmittelbelehrung erteilt und die Zustellung an den Antragsteller am 30.1.2010 bewirkt.

Dieser hat durch seinen Verfahrensbevollmächtigten am 26.2.2010 gegen die Zwischenverfügung vom 27.1.2010 vorsorglich Beschwerde eingelegt, die mit Schriftsatz vom 15.3.2010 aufrechterhalten und begründet wurde - jedoch beschränkt auf die Beanstandungen unter Ziff. 1. der Verfügung.

Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 1.3.2010 nicht abgeholfen und die Akte dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. a) Die befristete Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 374 Nr. 4, 382 Abs. 4 Satz 2, 58 ff. Fam FG i.V.m. Art. 111 Abs. 1 Satz 1, 112 Abs. 1 FGG RG zulässig.

Grundsätzlich findet die Beschwerde nicht gegen verfahrensleitende Anordnungen bzw. Zwischenentscheidungen statt, sondern nur gegen Endentscheidungen (§ 58 Abs. 1 Fam FG i.V.m. § 38 Abs. 1 Satz 1 Fam FG).

§ 38 Abs. 1 Satz 2 Fam FG hält jedoch für Registersachen (§ 374 Fam FG) als Ausnahme von diesem Grundsatz im Hinblick auf die Besonderheiten des Verfahrensgegenstandes an der anfechtbaren Zwischenverfügung fest (§§ 58 Abs. 1 Halbs. 2, 382 Abs. 4 Satz 2 Fam FG; Meyer-Holz in Keidel, Fam FG, 16. Aufl. 2009, § 38 Rz. 6 und 8, § 58 Rz. 68).

Ob die Zwischenverfügung in Form eines Beschlusses gem. § 38 Fam FG (Heinemann in Keidel, a.a.O., § 382 Rz. 25; a.A.: Meyer-Holz in Keidel, a.a.O., § 38 Rz. 8; Krafka in MünchKomm/ZPO, Bd. 4, Fam FG, 3. Aufl. 2010, § 382 Rz. 18; Ulrici in MünchKomm, a.a.O., § 38 Rz. 3; Gottwald in Bassenge/Roth, Fam FG/RpflG, 12. Aufl. 2009, § 38 Fam FG Rz. 3 und 4; je m.w.N.) ergehen muss, ist streitig.

Einigkeit besteht darüber, dass sie gem. § 39 Fam FG mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und gem. § 41 Abs. 1 Satz 2 Fam FG förmlich zuzustellen ist (Heinemann, a.a.O., § 382 Rz. 27 und 28; K. Walter in Bassenge/Roth, a.a.O., § 382 Rz. 38; Krafka, a.a.O., § 382 Rz. 23; je m.w.N.).

D...

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