Leitsatz (amtlich)

Wenn ein beigeordneter Rechtsanwalt den Angeklagten gegen die Adhäsionsklagen mehrerer Geschädigter in einem Strafverfahren vertritt, sind für die Vergütung des Rechtsanwalts die Gegenstandswerte der Adhäsionsklagen zusammenzurechnen, weil die Adhäsionsverfahren eine gebührenrechtliche Angelegenheit im Sinne von § 22 Abs. 1 RVG bilden.

 

Normenkette

RVG § 22 Abs. 1; StPO § 403

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Entscheidung vom 18.03.2014; Aktenzeichen 2 KLs 50 Js 54399/09 Hw)

StA Stuttgart (Aktenzeichen 50 Js 54399/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Verteidigers Rechtsanwalt G. gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 18. März 2014 wird als unbegründet

v e r w o r f e n.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Der Mandant des Beschwerdeführers wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts - Jugendkammer - Stuttgart vom 15. Oktober 2012 wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in sechs tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu der Jugendstrafe von 4 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Auf die Adhäsionsklagen dreier Nebenkläger wurde er zusammen mit 17 Mitangeklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Nebenkläger 90.000 Euro bzw. zwei Mal 9.250 Euro abzüglich der im Verfahren erbrachten Zahlungen zu leisten und weiter einem der Nebenkläger eine monatliche Rente von 120 Euro zu bezahlen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass er und die 17 Mitangeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den drei Nebenklägern in Zukunft aus der Tat erwachsende Schäden zu ersetzen. Hinsichtlich der Adhäsionsklagen der drei Nebenkläger hatte das Landgericht dem Angeklagten den Beschwerdeführer gemäß § 404 Abs. 5 Satz 2 StPO auch zu seiner Verteidigung gegen die Adhäsionsklagen beigeordnet. Der Beschwerdeführer verteidigte ihn im Verfahren und war von seinem Mandanten auch für die Adhäsionsverfahren bevollmächtigt worden. Die Gegenstandswerte für die Adhäsionsverfahren bezifferte das Landgericht Stuttgart mit 158.000 Euro sowie zwei Mal 13.250 Euro.

Durch Beschluss vom 26. Februar 2013 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle auf den Antrag des Beschwerdeführers die diesem aufgrund der o.a. Bestellungen aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung für die drei Adhäsionsverfahren auf 930,58 Euro fest. Die Vergütung setzte sich nach § 49 a.F. i.V.m. VV Nr. 4143 RVG aus zwei Verfahrensgebühren aus einem Gegenstandswert von 184.500 Euro (158.000 Euro + 2 Mal 13.250 Euro), also 782 Euro zuzüglich 148,58 Euro Umsatzsteuer, zusammen. Die Urkundsbeamtin rechnete die Gegenstandswerte der drei Adhäsionsklagen nach § 22 Abs. 1 RVG zusammen, weil sie die drei Adhäsionsverfahren als dieselbe Angelegenheit im Sinne der Vorschrift ansah. Auf die Erinnerung des Beschwerdeführers änderte die Jugendkammervorsitzende durch den angefochtenen Beschluss vom 18. März 2014 den Beschluss der Urkundsbeamtin dahin ab, dass die Vergütung des Beschwerdeführers für die drei Adhäsionsverfahren auf 954,38 Euro erhöht wurde. Auch nach der Auffassung der Jugendkammervorsitzenden handelte es sich bei den drei Adhäsionsverfahren um eine Angelegenheit. Allerdings seien einerseits die Abwehr der Adhäsionsklagen und andererseits die Verteidigung des Angeklagten im Strafverfahren verschiedene Angelegenheiten im Sinne von § 22 Abs. 1 RVG, weshalb dem Beschwerdeführer in den Adhäsionsverfahren eine weitere Kostenpauschale in Höhe von 20 Euro zzgl. 3,80 Euro Umsatzsteuer zustünde. Mit seiner rechtzeitig eingelegten Beschwerde vom 8. April 2014 macht der Beschwerdeführer geltend, jedes der drei Adhäsionsverfahren sei jeweils eine Angelegenheit im Sinne von § 22 Abs. 1 RVG, weshalb sich seine Vergütung hierfür nach § 49 a.F. RVG i.V.m. Nr. 4143 VV RVG auf 2.153,90 Euro (782 Euro + 514 Euro + 514 Euro + Umsatzsteuer aus dem Gesamtbetrag) belaufe.

II.

Die zulässige fristgebundene Beschwerde, über die gemäß § 56 Abs. 2 i.V.m. 33 Abs. 8 Satz 1 RVG der Einzelrichter beim Senat zu entscheiden hat und bei der der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§§ 56 Abs. 2 i.V.m. 33 Abs. 3 Satz 1 RVG), ist unbegründet. Die Tätigkeiten des Beschwerdeführers zur Abwehr der drei Adhäsionsklagen der Nebenkläger betrafen dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 22 Abs. 1 i.V.m. §§ 15ff. RVG. Dem Beschwerdeführer stehen deshalb nach § 49 a.F. i.V.m. VV Nr. 4143 RVG nur die von der Urkundsbeamtin im Beschluss vom 26. Februar 2013 berechnete Vergütung von 930,58 Euro und die von der Jugendkammervorsitzenden gewährte weitere einfache Kostenpauschale für die drei Adhäsionsverfahren nach VV Nr. 7002 RVG von 23,80 Euro, die auch nach der Auffassung des Senats angefallen ist (a.A. OLG Düsseldorf, ARS 2014, 176ff.), zu. Damit beläuft sich seine Vergütung für die drei Adhäsionsverfahren auf die 954,38 Euro, die die Jugendkammervorsitzende im angefochtenen Beschluss festgesetzt hat.

Nach § 22 Abs. 1 RVG werden in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstän...

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